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Oskar und ein gewisser Schröder

Lafontaine spricht vor 1500 Menschen auf dem Rathausplatz


Bielefeld (MiS). Barbara Schmidt, PDS-Politikerin im Bielefelder Rat, ist sich sicher: »Bei der Bundestagswahl in Bielefeld holt die Linkspartei acht Prozent.« Ein mutiges Ziel. Aber nach dem Auftritt des NRW-Spitzenkandidaten der Linkspartei, Oskar Lafontaine, glaubt sie noch viel mehr an diesen Erfolg.
1500 Menschen, mindestens ebenso viele wie an gleicher Stelle Ende August Joschka Fischer von den Grünen zugejubelt hatten, feierten den früheren Genossen gestern Abend wie einen Volkstribun. Der versteht es, das Publikum innerhalb kürzester Zeit für sich einzunehmen. Für seinen früheren Parteifreund Gerhard Schröder hat er nur Häme übrig. Der habe sich davor gedrückt, mit ihm im Fernsehen zu diskutieren. Von SPD-Kanzler spricht er nur als von »einem gewissen Schröder«, mit dem er »noch die ein oder andere Rechnung offen« habe. Kein Wort über seinen eigenen unrühmlichen Abgang Anno 99.
Wenn er aber die Reichen zur Kasse bitten will, ist Lafontaine der Beifall der Masse sicher. Wenn er Hartz IV als von Grund auf unsozial anprangert, schallt es »Oskar, Oskar« über den Platz.
Geschickt greift er die Kritik am Luxus-Sozialisten Lafontaine auf. In seinem Haus wohnten schließlich auch die 91-jährige Mutter und die ebenso hochbetagte Schwiegermutter. Und ob die, die seinen Lebensstil kritisierten, daheim eine Oma pflegten, da habe er doch seine Zweifel.
Und als am Ende Liedermacher Bulli Grundmann sein Oskar-Lied anstimmt, die Zeile singt »In dieser SPD, wenn ich das richtig seh, bin ich nicht mehr zu Haus'«, da schmunzelt Lafontaine leise in sich hinein. Ein paar Autogramme noch, dann entschwindet er im schwarzen Audi A 6 in die Nacht.Politik

Artikel vom 14.09.2005