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Strafverfahren gegen
Apotheker eingestellt

Bundesweiter Betrugsverdacht hat sich nicht erhärtet

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bochum (WB). Nach mehr als einjährigen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Bochum Strafverfahren gegen bundesweit 250 Apotheker eingestellt. Der Verdacht des Medikamenten-Abrechnungsbetruges habe sich nicht erhärtet, sagte Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek.

Zwischen Januar 2003 und Juni 2004 seien in einzelnen Apotheken lediglich ein oder zwei Packungen nicht korrekt abgerechnet worden, sagte Bienioßek, der Sprecher der Abteilung für Wirtschaftsstrafsachen ist. In den betroffenen Apotheken seien bei den Ermittlungen gleich mehrere Präparate überprüft worden. Für alle Fälle habe es plausible Erklärungen gegeben. Bienioßek: »Es hat sich lediglich um Irrtümer und keine bewussten Falschabrechnungen gehandelt.«
Die Pharmaindustrie hatte Anfang Juni 2004 den Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK) über den Betrugsverdacht informiert. Seit Einführung der Gesundheitsreform müssen Arzneimittelfirmen einen Rabatt von 16 Prozent auf Medikamente ohne Festpreis gewähren. Apotheken zahlen zunächst den vollen Preis und erhalten den Rabatt nach Vorlage eines Kassennachweises erstattet. Die Hersteller können exakt verfolgen, welche Apotheke ihre Produkte in welcher Menge verkauft hat. Dabei wurde angeblich festgestellt, dass Rabatt für mehr Pillen erstattet wurde, als überhaupt auf dem Markt waren. Außerdem sollen Abrechnungsnummern von nur im Ausland gehandelten Produkten aufgetaucht sein. Ferner gab es Hinweise, dass teure Medikamente von Originalherstellern bei den Kassen abgerechnet, aber angeblich andere Pillen aus günstigen Quellen an Patienten abgegeben wurden.
Der BKK-Bundesverband, der für alle gesetzlichen Krankenkassen den Pharmabereich betreut, hatte nach eingehender Prüfung der Hinweise die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.
In einem anderem Fall von Abrechnungsbetrug hat die Staatsanwaltschaft Saarbrücken die Ermittlungen ausgeweitet. Die Strafverfahren richteten sich bereits gegen 40 Ärzte und Apotheker sowie 1500 Patienten, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Raimund Weyand, dieser Zeitung. Die Zahl der Beschuldigten erhöhe sich täglich. Den beschuldigten Ärzten wird vorgeworfen, Geld für Patienten kassiert zu heben, die nie behandelt wurden. So genannte Kartensammler hatten Versichertenkarten von Freunden und Bekannten besorgt. Über diese Karten sollen die Scheinbehandlungen abgerechnet worden sein. Belohnt wurden die Kartensammler mit Rezepten. Statt der verschriebenen Medikamente soll es in Apotheken zum Beispiel aber Bargeld oder teure Kosmetika gegeben haben. Zahlreiche der beschuldigten 1500 Patienten ließen sich zudem unberechtigterweise krankschreiben.

Artikel vom 14.09.2005