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Kindlich-bunt, aber kein bisschen kitschig

Galerie »Artists Unlimited«: Jurate Slizyté aus Litauen zeigt ihre herrlich ironischen Bilder


Bielefeld (WB/mzh). Ein bisschen kindlich, ein bisschen satirisch und (angeblich) auch ein bisschen kitschig findet Jurate Slizyté ihre Kunst. Eben so, wie man malt, wenn man den real existierenden Sozialismus verarbeiten muss. Und weil im einst sowjetisch besetzten Litauen alles recht einfach war, ist ihr ĂŽuvre, wie zum Ausgleich, ziemlich bunt. Die 38-Jährige, die ihre Bilder mit »Slyzé« zeichnet, zeigt ab morgen, 19 Uhr, neuere Arbeiten in der Galerie von »Artists Unlimited« an der Viktoriastraße.
Einer von drei Räumen ist Jurate Slizytés Kopfsilhouetten vorbehalten. Die schwarzweißen seriellen Zeichnungen (mit ein wenig Rot), die mit der Idee von Warhols Siebdrucke spielen, tatsächlich aber ihre Geburt der Werbung für eine litauische Rockband verdanken, ziehen sich wie ein grafisches Muster über eine ganze Wand hin. Und weil Slyzé gern ironisiert, hat sie ein gerahmtes Bild mit ebendiesen Köpfen gehängt und einen Stuhl davor gestellt, dessen Polster - Sie wissen schon.
Mit ihren Bildern möchte Slyzé, die 1990 Gastkünstlerin bei den »Artists« war und seit 1992 in Deutschland lebt (jetzt in Senne), immer eine Geschichte erzählen. »Barock« zum Beispiel, eines ihrer Aquarelle aus zahllosen Einzelfeldern, deren erhabene Umrandung aus mit Goldpuder vermischtem Leim besteht, zeigt den Hamburger Michel: »Eine Kirche, die für mich wie eine Frau aussieht, und vor der ich mich mal - vergeblich - mit jemendem treffen wollte.«
Ein wenig Satire hat noch keiner Geschichte geschadet, und so aquarelliert Slyzé denn eine mondäne Dame, in deren Hut sich ein Schloss (also die ganze Welt eines Adligen) spiegelt: »Royal« kommentiert die typische Engländerin beim Pferderennen.
(Plastik-)Fliegen, die man in Russland zum Angeln nimmt, schwirren einem Afrikaner um den Kopf, einer Afrikanerin um die Scham - Verarbeitung von erschreckenden »Tagesschau«-Bildern apathischer Bürgerkriegsflüchtlinge. Und eine weitere Serie (Kohlezeichnungen), die den Krieg ironisiert, zeigt zwei Ritter im Kampf und die Jahreszahl 1410. Da unterlag der Ritterorden den Litauern bei Tannenberg . . .
Die Galerie ist freitags, samstags und sonntags von 17 bis 20 Uhr geöffnet. Slyzés Arbeiten sind hier bis zum 25. September zu sehen - eine Schau, die den Besuch in jedem Falle lohnt.

Artikel vom 15.09.2005