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»Als Chef muss ich
mich zurücknehmen«

Im Gespräch: Michael Henke (1. FC Kaiserslautern)

Bielefeld (WB). Viele Jahre war Michael Henke der Mann an der Seite Ottmar Hitzfelds. Als Co-Trainer feierte der gebürtige Bürener mit Borussia Dortmund und Bayern München deutsche und europäische Titel. Nun steht er als Cheftrainer in Kaiserslautern erstmals selber in der Verantwortung. Vor dem Gastspiel bei Arminia Bielefeld (Sa. 15.30 Uhr) sprach er mit WB-Redakteur Hans Peter Tipp.
Herr Henke, wie ist das Leben im rauen Bundesligawind?Michael Henke: Das ist eigentlich nicht so groß anders als früher. Ich kenne es ja aus nächster Anschauung, denn als Co-Trainer ist man auch ganz nah dran.

Was ist der größte Unterschied zu der Zeit als Co-Trainer?Henke: Dass man sich noch mehr Gedanken macht über personelle Dinge und alle Entscheidungen, die anstehen. Früher habe ich zwar mitberaten, war in letzter Konsequenz aber nicht verantwortlich.

Als »Chef« wirken Sie viel ruhiger als früher. Welches ist denn nun der echte Michael Henke?Henke: Es ist schon so, dass ich mich als Cheftrainer etwas zurücknehmen muss und nicht mehr all die Emotionen zeigen kann wie als Assistent. Grundsätzlich bin ich aber ein emotionaler Typ.

Es heißt, Sie wollten den Erlebnisfußball nach Kaiserslautern zurückbringen. Trifft das zu?Henke: Das ist vielleicht dadurch entstanden, dass ich nach einem Spiel gesagt habe, es habe einen hohen Erlebniswert besessen. Ich bin allerdings schon der Meinung, dass die Fans in Kaiserslautern viele Wellentäler durchschritten haben. Ihnen das Fußballerlebnis Betzenberg wieder zu geben, ist schon ein Ansatz, den ich verfolge. Insgesamt habe ich jedoch nicht den Anspruch, irgendwelche Erlebnisse zu vermitteln, sondern erfolgreichen und attraktiven Fußball spielen zu lassen. Ich bin aber davon überzeugt, dass auf lange Sicht das eine ohne das andere nicht funktioniert.

Waren Sie überrascht, dass die Zuschauer Sie nach der 1:5-Niederlage vor einer Woche gegen Bremen gefeiert haben? Henke: Ein bisschen überrascht war ich schon, weil auch hier die Leute nur bedingt leidensfähig sind. Es war aber eines meiner ersten Ziele in Kaiserslautern, dass Zuschauer, Spieler und Verein wieder an einem Strang ziehen. Nach dem Bremen-Spiel habe ich der Mannschaft gesagt, dass sie sich diesen Kredit bei den Fans in den ersten Spielen erarbeitet hat - aber auch, dass er schnell aufgebraucht sein kann.

Nun geht es nach Bielefeld. Welche Eindruck haben Sie von der Arminia gewonnen?Henke: Ich denke, dass die Bielefelder aus dem ersten Jahr gelernt, sich ein Stück etabliert und die vielen Vorhersagen, wieder Absteiger Nummer eins zu sein, schon jetzt zu Recht widerlegt haben. Ich glaube auch, dass Thomas von Heesen genau der Richtige ist, die erfolgreiche Arbeit von Uwe Rapolder fortzusetzen. Er kennt die Mannschaft und das Umfeld schließlich so gut wie kein anderer.

Mit Ervin Skela und Berkant Göktan spielen zwei ehemalige Bielefelder in Ihren Reihen. Warum ist es - aus Ihrer Sicht -Êgut, dass die beiden »Rot« und nicht »Blau« tragen?Henke: Berkant Göktan ist für uns auf jeden Fall eine Verstärkung, die wir unbedingt brauchten, weil wir im Sturm von der Qualität zwar gut, von der Quantität aus meiner Sicht aber zu schwach besetzt waren. Da ich ihn in- und auswendig kenne, war seine Nachverpflichtung eine sehr gute Sache. Ervin Skela ist ein Spielertyp, wie er hier in Kaiserslautern lange gefehlt hat. Er macht häufig intuitiv das Richtige, kann glänzend die Stürmer einsetzen und ist ballsicher. Er verkörpert für uns auch ein Stück neue Spielkultur.

Sie sind gebürtiger Ostwestfale, waren in Paderborn und Gütersloh tätig. Warum ist es mit Ihnen und der Arminia bislang nie etwas geworden?Henke: Es hat zeitlich einfach nie gepasst. Als Spieler war ich wahrscheinlich nicht gut genug. Als Trainer hat es immer lose Kontakte zur Arminia gegeben, weil gute Bekannte wie Hermann Gerland oder Heribert Bruchhagen dort gearbeitet haben. Verhandlungen hat es aber nie gegeben. Denn als der Trainerposten in Bielefeld vakant war, stand ich immer in Dortmund oder München unter Vertrag. Und dort hat mich damals nichts weggezogen.

Nun kommen Sie als Gast. Was kommt dabei heraus, eher ein zähes Ringen oder eine attraktive Auseinandersetzung?Henke: Ich gehe davon aus, dass es ein attraktives Spiel wird, weil beide Mannschaften nicht darauf aus sind, nur das Spiel des Gegners zu zerstören, sondern aktiv etwas versuchen wollen. Das drückt bei uns allein schon die bisherige Torquote aus. Und auch die Bielefelder, das habe ich gegen Mainz gesehen, nutzen jede Möglichkeit, nach vorn zu spielen.

Artikel vom 17.09.2005