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Bildung bleibt Mangelware

Deutschland fällt international zurück - zu wenig Studenten

Berlin (Reuters/dpa). Deutschlands Bildungssystem hat sich laut einer OECD-Studie verbessert, fällt aber im Vergleich mit anderen Staaten weiter zurück.
In Deutschland »geht es aufwärts, es geht aber in viele anderen Ländern deutlich schneller aufwärts«, sagte der Bildungsexperte der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD), Andreas Schleicher, bei der Vorstellung der Studie »Bildung auf einen Blick«.
Nach einem Stillstand in den 80er- und 90er Jahren habe es »in vielen Bereichen eine Trendwende« gegeben. So gebe es mehr Studenten und eine überdurchschnittliche finanzielle Förderung sowohl der Studenten durch die BAföG-Reform als auch der universitären Forschung. Die Nachfrage nach Menschen mit Hochschulabschluss wachse jedoch deutlich schneller als die Zahl der Absolventen, sagte Schleicher.
Als Erfolg wertete Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD), dass 2003 laut der Studie 36 Prozent eines Jahrganges ein Studium begonnen hätten. 1998 lag diese Zahl demnach noch bei 28 Prozent. Der OECD-Experte Schleicher verwies jedoch darauf, dass die Studenten zu selten auch die auf dem Arbeitsmarkt gesuchten Fachrichtungen wählten. Da seien Defizite erkennbar.
Der Anteil der Bildungsausgaben an den staatlichen Gesamtausgaben ist laut Bericht zwischen 1995 und 2002 kaum gestiegen. Vor zehn Jahren wendete der Staat 9,7 Prozent für Bildung auf, 2002 waren es 9,8 Prozent. Der Durchschnitt innerhalb der OECD-Staaten liegt bei 12,9 Prozent. Andreas Schleicher forderte höhere Investitionen in Bildung, diese seien eine »notwendige Voraussetzung« für eine höhere Qualität.
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und Wissenschaftsministerin in Brandenburg, Johanna Wanka, sprach davon, dass die tatsächliche Qualität der Bildung von dieser Studie nicht erfasst werde. Die CDU-Politikerin sagte, bei der PISA-Studie hätten zum Beispiel Schüler mit vielen Stunden Mathe-Unterricht in diesem Fach schlechter abgeschnitten als Schüler mit weniger Unterricht. Als Reaktion auf die Studie forderte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft eine Erhöhung der Bildungsausgaben um 15 Milliarden Euro jährlich.
Im jährlichen OECD-Bericht werden verschiedene Daten ausgewertet: Danach stammen 45 Prozent der Patentanmeldungen in der EU aus Deutschland - laut OECD ein »wichtiger Indikator für Innovation«. Bei einem weltweiten Pro-Kopf-Vergleich liegen nur die Schweiz, Finnland, Japan und Schweden vor Deutschland.
Laut der OECD-Erhebung haben von 100 000 jungen Erwerbstätigen im Alter von 25 bis 34 haben in Deutschland nur 852 einen naturwissenschaftlichen Studienabschluss. Damit liegt Deutschland unter 24 OECD-Staaten mit vergleichbaren Daten nur an 20. Stelle.
35 Prozent eines Jahrganges schaffen in Deutschland das Abitur oder die Fachhochschulreife (OECD-Mittel: 56 Prozent). Weitere 13,9 Prozent erhalten eine Studienberechtigung über die berufliche Bildung (OECD: 9,2 Prozent).
Aktuell erwerben in Deutschland 19,5 Prozent eines Jahrganges einen Hochschulabschluss - im OECD-Schnitt sind dies heute 32,2 Prozent.

Artikel vom 14.09.2005