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Zwei Puppen und ein einziger Baukasten

50 Jahre danach: Luther-Kindergarten startet mit Familiengottesdienst ins Jubiläumsfest

Von Annemargret Ohlig
(Text und Fotos)
Senne (WB). Wie jung eine »50-Jährige« sein kann, das war am Sonntag rund um die Kindertagesstätte der Luther-Kirchengemeinde in der Windflöte zu erleben. Ein halbes Jahrhundert ist die Kita alt - und das sollte gehörig gefeiert werden.

Aus diesem besonderen Anlass präsentierte sich die Einrichtung am Primelweg so jugendlich und frisch, wie es sich eben für einen Kindergarten gehört. Auf dem Gelände zwischen dem vor 50 Jahren errichteten Gebäude und dem Kindergarten-Neubau von 1982 wuselten die Kleinen sehr viel lebhafter und aufgeregter hin und her, als es ihre 131 Vorgänger beim Start vor einem halben Jahrhundert tun durften.
Damals - 1955 - waren noch Disziplin und geordnetes Spiel angesagt. Im Gänsemarsch und mit dem munteren Lied »Zug, Zug, Eisenbahn...« auf den Lippen fand der gemeinsame Toilettengang statt. Einen einzigen Baukasten gab es für alle Kinder und zwei Puppen, sowie eine blaue Wiege mussten reichen für die zahlreichen Puppenmütter.
Steckbretter, Perlen zum Aufziehen, so genannte Muggelsteine, einige wenige Bilderbücher, eine Wippe, Schaukel, Sandkasten und ein Reck - das war's, was vor 50 Jahren an Ausstattung zur Verfügung stand. Der Unterschied zur heutigen Kindergartenarbeit fällt um so mehr ins Auge. Spiel, Spaß und ungehinderte Freunde am Lernen stehen längst im pädagogischen Mittelpunkt.
Sogar das Wetter spielte mit, an diesem »50. Geburtstag«. So gab es draußen genügend Platz für die vielen Spielangebote und Bastelaktionen, für gemütliche Plauderrunden der Eltern oder Ehemaligen und natürlich das gemeinsame Essen. Ob Kartoffelsalat mit Grillwürstchen oder Bulgur-Salat, gefüllte Weinblätter und viele andere Leckereien vom internationalen Buffet, das die Kindergartenmütter reichhaltig und sehr schmackhaft bestückt hatten.
Am Anfang des Fest-Sonntages stand um 11 Uhr ein Familiengottesdienst in der Lutherkirche. Einrichtungsleiterin Kristina Lekic hielt dabei einen kleinen Rückblick auf die Kindergartenarbeit in den vergangenen fünf Jahrzehnten. Dass diese so ganz anders verlief - und dadurch heute zum Schmunzeln Anlass gibt - zeigte sich auch in den gereimten Erinnerungen zweier ehemaliger Kindergartenkinder.
»Die Erzieherinnen von damals hießen "Tanten", Tante Helga und Tante Ursel waren die Genannten«, erinnerte sich eine Ehemalige. Pfarrer Volker Steffen hatte, als Predigttext, passend für den Familiengottesdienst, Markus 10, Vers 13 bis 16 ausgewählt: »Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht...« Steffen spannte dabei den Bogen von Jesus zu den Kindern, von denen Erwachsene durchaus etwas lernen können - nämlich die Blickrichtung von unten nach oben. Und nicht von oben herab auf andere.
Auch Jesus habe so von unten nach oben in die Herzen der Menschen geschaut. Eine Besonderheit dieses Festgottesdienste war zudem eine Taufe. Für die Kindergartenkinder war es eine besondere Freude, während dieser Feier zum Altar kommen zu dürfen und die Taufe in unmittelbarer Nähe zu verfolgen.
Beim anschließenden bunten Festtreiben auf dem Kitagelände fiel manchem Kind die Entscheidung so richtig schwer, an welcher Aktion es sich zuerst beteiligen sollte. War nun das Basteln von Hüten aus großen Kaffeefiltertüten mit einer echten Pfauenfeder »besser«, oder das Flechten von Haarbändern, oder die Möglichkeit, sich das Gesicht phantastisch bemalen zu lassen?
Dieses Problem hatten die Erwachsenen nicht. Sie saßen an langen Kirchweihbänken und unterhielten sich angeregt bei Kaffee und Kuchen. Besonders interessant war zudem die Bilder-Schau, die die langjährige Leiterin der Einrichtung, Inge Brangs-Ohliger, aus mehr als 100 Dias zusammengestellt hatte. Bilder, die bei vielen der Ehemaligen ein »Weißt du noch..? auslösten. Wurden sie dadurch doch an ihre längst vergangene Kindergartenzeit und Kinderfreundschaften erinnert.

Artikel vom 13.09.2005