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»Schröders Gewürge dem Volk nochmal in Erinnerung rufen«

Heute im Gespräch: NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU)

Bielefeld (WB). In den letzten Tagen vor der Wahl soll die Union noch einmal das »Gewürge rot-grüner Politik« in Erinnerung rufen. NRW-Wahlsieger Jürgen Rüttgers rät im Interview mit Reinhard Brockmann zu der Frage an alle Deutschen: Wer will weiter eine Politik, die Gerhard Schröder selbst dazu gebracht, hat die Brocken hinzuschmeißen?
Welche Strategie empfehlen Sie der CDU für die allerletzten Tage bis zur Wahl?Rüttgers: Wir müssen darauf hinweisen, dass bei der Steuerreform jeder Bürger - und damit auch auch jedes Kind - einen Freibetrag von 8000 Euro bekommt. Das bedeutet, dass viele Normalverdiener dann keine Steuern mehr bezahlen. Wichtig ist mir auch, dass wir den Leuten die Frage stellen, ob sie wollen, dass mit dem rot-grünen Gewürge in Berlin endlich Schluss ist. Wir müssen also ganz klar fragen, ob das politische Vakuum, in dem Schröder die Brocken hingeworfen hat, nach der Bundestagswahl weitergehen soll. Es geht also um die Alternative: Weiter abwärts mit Rot-Grün oder aufwärts mit einer bürgerlichen Regierung. Wir brauchen eine neue Mehrheit, die auch in der Lage ist, das Land wieder nach vorne zu bringen.

Vieles folgt Ihrem Erfolgsrezept vom 22. Mai. Dennoch ist der Unionsvorsprung in NRW gegenüber der SPD von elf auf drei Punkte gefallen. Wo hakt es?Rüttgers: Der Wahlkampf läuft gut. Wir werden am Sonntag gewinnen und es wird nach meiner festen Überzeugung eine Koalition von CDU/CSU und FDP geben. Das zurückliegende hitzige Wochenende erinnert mich an die Woche vor der Landtagswahl in NRW. Da liefen auch Geheimmeldungen über die Ticker, nach Umfragen sei das Rennen wieder offen. Was folgte, war der größte Wahlsieg der NRW-CDU seit 30 Jahren.

Professor Kirchhof sollte Merkels Joker sein. Sie haben mit Karl-Josef Laumann gepunktet. War das das bessere Signal?Rüttgers: Paul Kirchhof wird Finanzminister und ich bin froh darüber. Mit seiner Ernennung war klar, dass wir für ein einfaches und gerechtes Steuersystem eintreten - ein Thema, das wir seit 20 Jahren diskutieren. Der erste, der auf die unhaltbare Situation bei den Steuern hingewiesen hat, war Helmut Schmidt. Ich bin froh, das das Ganze nach der Wahl endlich angepackt wird.

Der SPD-Chef bietet christlichen Gewerkschaftern schon Asyl in seiner Partei an. Rüttgers: Franz Müntefering versucht abzulenken davon, dass sich die Linke inzwischen in drei Parteien gespalten hat. Er will damit das Thema Oskar Lafontaine verdrängen. Ich bin sicher, dass das nicht gelingt. Wer Politik auf der Basis des christlichen Menschenbildes machen will, ist in der CDU am besten aufgehoben.

Noch einmal: Hat die Union die Arbeitnehmerschaft in den letzten Wochen vernachlässigt?Rüttgers: Die CDU ist Volkspartei und wird auch nach der Regierungsübernahme darauf achten, dass wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit zwei Seiten einer Medaille sind und bleiben.

Viele Bürger wünschen für Friedrich Merz wieder eine wichtige Rolle, Frau Merkel hat ihn jetzt ins Spiel gebracht. Sehen Sie das auch so? Rüttgers: Friedrich Merz kandidiert für den deutschen Bundestag, er kommt aus NRW und ich bin froh darüber, dass er neben seinem Beruf weiter Politik macht.

In knapp hundert Tagen haben Sie in NRW schon kräftig zugefasst und keine falsche Rücksicht bis nach der Wahl in Berlin genommen. Kostet soviel Ehrlichkeit schon wieder Sympathie?Rüttgers: Ich bin ganz sicher: Nein. Ich habe mir das nicht nur gut überlegt, sondern auch mit der Bundes-CDU abgesprochen. Es ist richtig vor der Wahl zu sagen, was man hinterher tut. Das haben wir vor der Landtagswahl erklärt und viele sind überrascht, dass das jetzt auch geschieht. Das zeigt im Übrigen auch, wie viel politisches Vertrauen durch Rot-Grün und Gerhard Schröder in den letzten Jahren in der Bevölkerung verloren gegangen ist.

Artikel vom 13.09.2005