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»Eher ein Hotel als eine Pflegestation«

AWO-Seniorenzentrum »Frieda-Nadig-Haus« nach dreieinhalb Umbaujahren neu eröffnet

Von Markus Poch
(Text und Fotos)
Sennestadt (WB). 5,5 Millionen Euro aus Landes-, Fremd- und Eigenmitteln der Arbeiterwohlfahrt (AWO) sind in die Modernisierung des Seniorenzentrums »Frieda-Nadig-Haus« in Sennestadt geflossen.

Nach dreieinhalb beschwerlichen Jahren des Umbaus - bei laufendem Betrieb - wurde die 1975 erbaute Einrichtung gestern neu eröffnet. »Vergessen Sie alle Unannehmlichkeiten und nutzen Sie die neuen Möglichkeiten«, sagte aufmunternd AWO-Bezirksvorsitzender Norbert Wellmann, der den betroffenen 113 Senioren und 104 Mitarbeitern für Durchhaltevermögen und Verständnis dankte. »Der Charakter des Hauses entspricht heute eher dem eines Hotels als dem einer Pflegestation. Die technische Ausstattung erfüllt alle Anforderungen an die moderne Alten- und Behindertenpflege.«
Seit Ende 2001 waren alle Mitarbeiterwohnungen und der große Saal zu Bewohnerappartements umgebaut worden. Sämtliche Bewohnerzimmer erhielten senioren- und rollstuhlgerechte, barrierefreie Bäder, die meisten Doppelzimmer wurden zu geräumigen Einzelzimmern. In allen Etagen entstanden große, freundliche Wohnküchen als »neue Lebensmittelpunkte«. Wellmann weiter: »Alte und demenzkranke Menschen sollen hier ein würdevolles Leben führen können.« Insgesamt sind 6 000 Quadratmeter Nutzfläche saniert worden. Darüber hinaus hat der komplette Bau eine neue Fassade mit zeitgemäßer Wärmedämmung erhalten. Der Eingangsbereich hat nicht nur den sprichwörtlichen »neuen Anstrich« bekommen, sondern eine praktischere, freundlichere Aufteilung. Das ganze passierte unter der Federführung des Detmolder Architekturbüros »Heinemann, Schreiber, Schaul«.
»Genießen Sie mit mir einen Augenblick der Stille...: Sehen Sie, Sie hören nichts. Keine Baugeräusche...« - Frank-Peter Krautz, der Leiter des Hauses, erinnerte daran, dass Lärm und Staub die Alltagsarbeit für Bewohner und Pfleger in den zurück liegenden Jahren erheblich erschwert hatten: »Die ältesten Bewohner dachten phasenweise, es seien wieder Bomben gefallen«, erklärte er. »Dabei stammte das Geräusch von einem Bagger, der gerade die Wände nebenan einriss...« Der besondere Dank des Leiters ging an zwei Frauen, die von Beginn an, also seit stolzen 30 Jahren, in der Seniorenbetreuung des Frieda-Nadig-Hauses tätig sind: Anita Jaekel und Gertraud Grzybowski, beide 62 Jahre alt. Für sie gab es großen Beifall und einen Blumenstrauß.
Über Blumen freuten sich ebenfalls einige Bewohner des AWO-Hauses, unter ihnen die 89-jährige Elfriede Nagel. Sie ist dort seit zehn Jahren zu Hause: »Es war nicht leicht, den ganzen Krach und Dreck drei Jahre lang zu ertragen. Vor allem dann, wenn man nicht weggehen kann«, sagte sie. »Aber die Mitarbeiter hier sind alle sehr nett. Sie haben nur leider viel zu wenig Zeit für jeden von uns...«
Stellvertretende Bezirksvorsteherin Elke Klemens überbrachte die Grüße des Oberbürgermeisters und betonte die große Bedeutung, die eine moderne Altenpflege besonders für Sennestadt hat. »Hier gibt es mehr Menschen, die 80 Jahre und älter sind, als in jedem anderen Stadtteil Bielefeld«, erklärte sie. Aus dem schmalen Etat des Bezirksamtes stiftete sie eine hölzerne Sitzbank für den neu angelegten, üppig bepflanzten Bauerngarten, der von den Bewohnern mit Begeisterung angenommen wird.
Einen der letzten schönen Spätsommer-Nachmittage ließen sich unterdessen Luise Endesfelder (92) und ihre Schwester Margarete Meredith (89) in eben diesem Bauerngarten gefallen. Beide wohnen seit fast 20 Jahren im Frieda-Nadig-Haus und haben sich dort immer wohl gefühlt. »Es war auch vor dem Umbau schon sehr schön hier«, sagt Luise Endesfelder. »Aber sie haben sich sehr viel Mühe damit gegeben. Manchmal wusste man zwar nicht genau, wo man eigentlich hingehörte, doch das ist jetzt alles vergessen.«

Artikel vom 14.09.2005