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Viele gute Gründe, das Auto stehen zu lassen

2. »run & roll day«: Steinbeck und Sansar am schnellsten

Von Hans Peter Tipp
Bielefeld (WB). Es gibt viele Beweggründe, sich als Läufer/-in beim »rund & roll day« auf den autofreien Ostwestfalendamm zu wagen. Wer ungern Kurven läuft, findet ideale Bedingungen. Das Gefühl, ungestört auf Asphalt seine Kreise ziehen zu dürfen, ist für waldbodenverwöhnte Joggerbeine auch nicht alltäglich. Oder man schließt »laufend« neue Bekanntschaften. Dazu wäre Zeit, denn das Rechts und Links des Betonbandes verdient nicht sonderlich viel Beachtung. Es ist von den vielen Autofahrten schließlich bestens bekannt.

Und alle, die sonst bei vielen anderen Volkslaufveranstaltungen immer zu spät für eine warme Dusche im Ziel sind, dürfen sich zehn Kilometer lang gewiss sein, im »Ishara« anschließend völlig entspannt der Körperhygiene nachgehen zu können.
Natürlich hatten die (wenigen) ostwestfälischen Top-Läuferinnen- und Läufer, die sich der - für viele - überraschend welligen Doppelrunde stellten, ganz andere Motive, an den Start zu gehen. Vorjahressiegerin Gisela Steinbeck von der DJK Gütersloh nutzte die schnelle Geradeaus-Laufgelegenheit, um drei Wochen vor den westdeutschen Halbmarathonmeisterschaften in Traben-Trarbach ihre Form zu testen.
In 37:36 Minuten gewann sie vor der dreifachen Hermannslaufsiegerin Heike Mohn, die ihre Zeit (38:00) locker kommentierte: »Für eine Mutter gar nicht schlecht.« Seit der Geburt von Töchterchen Pia-Marie tritt sie sportlich kürzer und hatte für den Hermannslauf im Frühjahr letztmals ernsthaft trainiert. Gestern löste sie nach rund 5 km die spätere Siegerin für kurze Zeit an der Spitze ab, doch nur, um wenig später einzusehen, dass mit der schnellen Gütersloherin nicht mitzuhalten war. »So war es doch etwas spannender, aber ich wusste, es würde von der Substanz her nicht reichen.«
Ganz anders Gisela Steinbeck: Sie zog danach einsam ihre Bahn, beflügelt von den Besuchermassen - im Laufe des Tages sollen es 40 000 gewesen sein. »Es macht einfach Spaß, weil hier eine so große Zuschauerkulisse ist.« Mit ihrer Vorstellung war sie zufrieden. Immerhin bestätigte die Hermannslauf-Vierte von 2005 erneut ihre prächtige Herbstverfassung: Das lässt für die »Westdeutschen« in drei Wochen einiges erwarten.
Am glücklichsten war jedoch die Drittplatzierte: Laura Köhler meinte: »Es ist mir eine große Ehre, hinter den beiden Damen auf dem Treppchen zu stehen.« Das war kein Zufall, denn die Brackwederin hatte ihre persönliche Bestzeit glatt um anderthalb Minuten verbessert. Und das gibt viel Zuversicht für den Berlin-Marathon, den sie in zwei Wochen erstmals laufen möchte -ĂŠauch ein Grund, auf dem Ostwestfalendamm noch einmal zu prüfen, ob das Training stimmt.
Ahmed Sansar kann das von seiner Planung voller Überzeugung behaupten. Der DM-Sechste über 5000 Meter, der seit dieser Saison für den TuS Eintracht Bielefeld läuft, feierte seinen ersten Sieg als »Lokalmatador«. Und doch war es ein Erfolg im Vorbeigehen. Sansar dominierte unangefochten, obwohl er erst seit zwölf Tagen wieder im Training ist. »Die Saison war so hart, da musste ich mal einen Monat Pause machen«, sagte der Sieger, den es in den nächsten Monaten verstärkt ins Gelände ziehen wird: »Bei der Cross-DM möchte ich eine gute Platzierung erreichen.«
Als Zweiter von 623 Läuferinnen und Läufern kam Alexander Micheel (TriSpeed Marienfeld) ins Ziel. Für ihn kaum zu glauben: »Dass ich vor Elmar Remus landen würde, der im Vorjahr Zweiter war, hätte ich nie gedacht.« Man kann also auch auf dem Ostwestfalendamm laufen, um eine Überraschung zu schaffen.

Artikel vom 12.09.2005