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Tennis ist sein Leben

Niki Pilic drückt deutschem Team die Daumen

Von Oliver Kreth
Bielefeld (WB). Der Mann hält es eher mit Udo Jürgens als mit der deutschen Ruhestandsregelung. Mit 66 Jahren ist bei Niki Pilic nämlich noch lange nicht Schluss.

Der Mann, der 16 Jahre lang der Teamchef der deutschen Daviscup-Mannschaft war, denkt nicht daran, in Rente zu gehen. Wie rüstig die ehemalige Nummer vier der Welt mit dem Racket noch ist, davon konnten sich die Zuschauer beim 100. Geburtstag des Bielefelder TTC überzeugen.
Tennis ist halt sein Leben. Der gebürtige Jugoslawe, der mit Boris Becker und Co. drei Mal den Daviscup nach Deutschland holte, coacht derzeit das kroatische Team, das vom 23. bis 25 September im Halbfinale gegen Russland spielen wird. Außerdem feiert Pilic am ersten Oktoberwochenende die Wiedereröffnung seiner Tennis Academy in München. Die Arbeit mit jungen Talenten hält den einstigen Privat-Trainer von Michael Stich, als der die Nummer zwei der Welt war, nicht nur körperlich frisch.
Seine Verbundenheit zum deutschen Tennis ist aber immer noch groß - nicht nur weil er seit Jahren in der bayerischen Landeshauptstadt lebt. Klar drückt Niki deshalb Tommy Haas, Nicolas Kiefer, Rainer Schüttler und Alexander Waske die Daumen für das entscheidende Relegationsspiel gegen Tschechien um den Aufstieg in die Weltgruppe. Pilic warnt allerdings: »Im Daviscup gibt es keine Gesetze.«
Das hat er selbst erfahren müssen und auch, wie wichtig ein Teamchef sein kann. Pilic: »Man muss eine diplomatische Nase haben. Nur so gewinnt man das Vertrauen der Spieler. Dann kann man einem Becker auch sagen, dass er nicht nach dem ersten Aufschlag ans Netz soll.«
Wegen der Diplomatie seien auch Becker und Stich als seine Nachfolger gescheitert: »Boris ist kein Mann für die zweite Reihe. Aber als Kapitän darf man nicht in der ersten Reihe stehen. Das war unmöglich für Becker. Die Bühne gehört den Spielern. Ich bin immer erst am Sonntag nach dem letzten Spiel bei einer Pressekonferenz aufgetaucht.« Und Michael Stich hält er einfach für zu »honest«, zu ehrenhaft und zu wenig diplomatisch. Dennoch hatte er seinen einstigen Schüler als seinen Nachfolger beim Tennisbund vorgeschlagen.
Der Mann mit den blauen Augen kann sich noch an viele entscheidende Ballwechsel in seiner Laufbahn erinnern, auch an die persönlichen Verletzungen, aber mittlerweile kann er damit gelassen umgehen. Wenigstens in diesem Bereich entspricht Pilic dem Klischee des Altersmilden.

Artikel vom 13.09.2005