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Rot gegen Aydin - Arminia II
nutzt den Überzahlvorteil nicht

Fußball-Oberliga: Umkämpftes Derby endet 0:0 - VfB Fichte-Tor aberkannt

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Keine Tore im Derby der Fußball-Oberliga, aber Jens Reitemeier fühlte sich trotzdem als Gewinner. »Wir sind der moralische Sieger«, urteilte VfB Fichte Bielefelds Kapitän. Der Gegner DSC Arminia II möge, so Reitemeier, spielerisch besser gewesen sein, »dafür hatten wir mehr Herz«. Was beide Mannschaften definitiv nicht hatten: Durchschlagskraft im Angriff. Das 0:0 geht in Ordnung. Beide Teams bleiben im Tabellenkeller stecken.
Der Aufreger des Derbys: Schiedsrichter Mark Frömmelt aus Ibbenbüren zeigt Güven Aydin (Nr. 4) die rote Karte (oben). Aydin hatte den Arminen Christian Wieczorek böse gefoult. Nach der Partie schlossen die beiden Frieden (unten). Aydin entschuldigte sich, Wieczorek nahm an.

750 Zuschauer waren bei Nieselregen ins Russheidestadion gekommen, darunter ein Großteil der Bielefelder Fußballprominenz auch aus der 1. Liga. Michael Fink, Roberto Pinto, Dennis Eilhoff - die DSC-Profis waren vor Ort, um ihren Amateuren die Daumen zu halten. Genützt hat es wenig. Zu sehen bekamen sie und die anderen Besucher ein über weite Strecken zerfahrenes Kampfspiel, das einzig und allein von der Spannung lebte.
Und seinen unrühmlichen Höhepunkt fand, als Fichtes Güven Aydin an der Mittellinie seinen Gegenspieler Christian Wieczorek regelrecht umholzte, so dass Mark Frömmelt aus Ibbenbüren kaum eine andere Wahl blieb, als Rot zu zeigen. »Der Platzverweis geht in Ordnung. Der Schieri hat überragend gepfiffen«, verdiente sich Jens Reitemeier nicht nur für seine vorbildliche Leistung auf dem Platz, sondern auch für seine faire Haltung im Anschluss an das Spiel ein dickes Lob.
Einen Extra-Zähler gibt es dafür zwar auch nicht, doch wer weiß, »vielleicht holen wir ja jetzt ausgerechnet in Gütersloh unseren ersten Dreier, wo uns niemand etwas zutraut«, orakelte VfB Fichtes Trainer Holger Wortmann. Jedenfalls werde die Partie nächsten Freitag im Heidewaldstadion »das leichteste Spiel der Saison«, so der Coach.
Gestern war es eher ein hartes Stück Arbeit, den in puncto Schnelligkeit und Kurzpassspiel deutlich überlegenen Arminen einen Punkt abzutrotzen.
Der DSC hatte zudem die besseren Chancen, auch wenn Fichte das einzige Tor erzielte. Nach einem abgefälschten Freistoß von Thorsten Meier fiel der Ball an die Grenze des Fünfmeterraums. Torwart Pascal Formann bekam die Kugel nicht zu packen, wurde noch von einem Mitspieler behindert. Den Überblick behielt Bayamba Belombo. Der VfB-Stürmer schoss ein, jubelte - und wurde zurückgepfiffen. Und zwar nur, weil der Linienrichter ein Foul gesehen haben wollte. Wäre nicht DSC-Trainer Igor Lazic gewesen, hätte der Linienrichter diese Sicht exklusiv gehabt. Nicht einmal Pascal Formann selbst, der lange für Nottingham Forest hielt, wollte um den heißen Brei herumreden. »Ganz ehrlich: In England hätte das Ding niemand abgepfiffen. Aber ein bisschen Glück gehört eben dazu. Hauptsache, hinten steht die Null.«
Es war VfB Fichtes gefährlichste Aktion der Partie, Arminia hatte offensiv mehr zu bieten. Mehr, aber eben auch nicht genug. »Gefehlt hat der Torabschluss. Wir hatten niemanden, der das Ding reinschoss«, bemängelte Igor Lazic.
Dabei hatten Engin Yildiz nach herrlicher Vorarbeit von Danneberg (49.), Julian Loose nach einer feinen Einzelaktion (68.), Jannis Hoffmann erst mit einem Risikoschuss (75.) aus spitzem Winkel sowie nach Pass von Wieczorek (84.) und schließlich Christian Wieczorek (89.) selbst hochkarätige Einschussmöglichkeiten. »Irgendwann werden wir unsere Tore machen. Bei diesen Chancen muss das einfach sein«, hat DSC-Verteidiger Nils Fischer Hoffnung auf Besserung. Dieses Mal fanden die Arminen ihren Meister meistens in VfB Fichtes Torwart Bergenthal, der eine fehlerfreie Partie spielte.
Trotz der vielen Großchancen bewahrten sich auch die DSC-Kicker den Blick für die Realität: »Wir müssen auch froh sein, dass wir in der Schlussphase keinen Konter mehr kassiert haben«, sagte Pascal Formann. So wie er dachten viele - kein Gegentor kassiert zu haben war die Hauptsache. Damit war klar, was das Beste am torlosen Derby war: dass kein Team verloren hat.

Artikel vom 12.09.2005