10.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 


Es war ein Erfolgserlebnis für Sigurd Prinz. Der Deutsche Städtetag hatte vor einigen Wochen Vertreter von Beiräten für Stadtgestaltung aus ganz Nordrhein-Westfalen nach Düsseldorf eingeladen. Die Bielefelder Gründung im Jahr 1986 war die erste im ganzen Land, stellte sich bei dem Treffen heraus. Und etliche Kommunen haben sich Satzung und Arbeitsweise des Bielefelder Gremiums als Vorbild genommen.
Der 13-köpfige Beirat hat die Aufgabe, Rat und Verwaltung in »stadtgestalterischen, baukünstlerischen und denkmalpflegerischen Fragen« fachlich kompetent zu beraten. Die Mitglieder, sieben Architekten und sechs von bürgerschaftlichen Institutionen entsandte Vertreter, tagen einmal im Monat. Der jeweilige Baudezernent und Planungsfachleute der Ratsfraktionen sind - ohne Stimmrecht - dabei.
»Unser Ziel ist, eine lebenswerte Stadt zu erhalten, in der sich die Menschen wohl fühlen«, sagt Prinz. Man verstehe sich als Vertreter der Bürger, wolle Planungen mit Sachverstand begleiten und mühe sich, korrigierend einzugreifen, wenn die Dinge einmal aus dem Ruder zu laufen drohten.
Kein einfaches Geschäft, wie der Vorsitzende unumwunden zugibt. »Im Umgang mit der Politik und der Verwaltung ist viel Taktgefühl notwendig.« Es ärgert den Beirat, wenn er von Bauprojekten aus der Presse erfährt und nicht rechtzeitig - weil eine unbequeme Stellungnahme zu erwarten ist? - in Planungsprozesse eingebunden wird. Bei aller Bereitschaft, im Ton konziliant zu sein, lasse man sich in der Sache nicht verbiegen, betont Prinz: »Der Beirat für Stadtgestaltung ist kein zahnloser Tiger, nennt die Dinge deutlich beim Namen, wenn es notwendig ist.«
Mehr als Empfehlungen aussprechen kann das Gremium indes nicht. In der nun beinah zwanzigjährigen Tätigkeit hat sich der Beirat aber einen guten Ruf erworben, die Einwände werden im Rathaus ernst genommen.
Den Mitgliedern ist bewusst, dass die Politiker bei ihren Entscheidungen oftmals Konflikten ausgesetzt sind. Sigurd Prinz nennt ein Beispiel: »Ein Filialunternehmen möchte in der City eine Niederlassung eröffnen, besteht dabei auf einer grellen Leuchtreklame. Gibt es keine Genehmigung, kommt das Unternehmen nicht - und damit entstehen auch keine neuen Arbeitsplätze.« Da falle es schwer, die »reine Lehre aufrechtzuerhalten«, meint Prinz. Gleichwohl: »Las-Vegas-Ästhetik hat in Bielefeld wirklich nichts zu suchen.«
Was hat stadtgestalterisch funktioniert in Bielefeld? Die Ravensberger Spinnerei und der Park seien bestens entwickelt worden, sagt Prinz, die Freilegung der Lutter habe eine Belebung gebracht, die Sanierung der Altstadt sei auf einem sehr guten Weg, schaffe mehr Attraktivität. Wo gab es Sünden? Sigurd Prinz regt sich immer noch auf: »Die Stadtbahnrampe vor Rathaus und Theater. Es ist vollkommen unverständlich, dass man das zugelassen hat.«
Für die Zukunft sieht der Beiratsvorsitzende noch manchen Reparaturbedarf. Kesselbrink und Neumarkt sind die Stichworte Und der Klosterplatz. Dieses »Juwel«, meint Prinz, müsse zu neuem Leben erweckt werden. Ganz besonders am Herzen liegt ihm der Park an der Kunsthalle. Hier möchte er führende Landschaftsarchitekten zu einem Wettbewerb aufrufen mit dem Ziel, den Park über die Handwerkskammer hinaus zu öffnen und zu gestalten.

Artikel vom 10.09.2005