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Die Kilometerpauschale
und ihre Vorgeschichte

Eichels Idee 2003 - Bis 20 Kilometer ohne jeden Ersatz

Von Dirk Schröder
Bielefeld (WB). In gut einer Woche wird ein neuer Bundestag gewählt. Der Wahlkampf hat an Schärfe zugenommen. Dass es dabei mit den Fakten des öfteren nicht so genau genommen wird, dafür ist die Entfernungspauschale ein beredtes Beispiel.

Die rot-grüne Koalition wirft der Union vor, mit dem Abbau der Entfernungspauschale im Rahmen der Steuerreform »sozialen Kahlschlag« zu betreiben. Tatsächlich sieht die Union im Wahlprogramm eine Senkung der Entfernungspauschale auf 25 Cent bis maximal 50 Entfernungskilometer vor.
Dass Bundesfinanzminister Hans Eichel und die rot-grüne Koalition im Jahr 2003 mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 die Entfernungspauschale für die ersten 20 Kilometer ganz streichen wollten und vom 21. Kilometer an einen Satz von 40 Cent vorsahen, blendet die SPD aber jetzt ganz gerne aus. In den Beratungen des Haushaltsaussschusses hatte Rot-Grün seinerzeit beschlossen, die Entfernungspauschale einheitlich auf 15 Cent pro Entfernungskilometer festzulegen. Dies sei zum Subventionsabbau vertretbar, hieß es zur Begründung.
CDU/CSU hatten damals gewarnt, dass die vom Vorziehen der Steuerreform erhofften Wachstumsimpulse ausbleiben würden, wenn die Entlastung der Bürger und Unternehmen mit entsprechenden Belastungen an anderer Stelle einhergehe. Ein drastischer Abbau von Subventionen wie der Pendlerpauschale zur allgemeinen Konsolidierung des Bundeshaushalts unterlaufe den steuerlichen Entlastungseffekt. Ein Abbau von Vergünstigungen in dieser Größenordnung sei in der angespannten gesamtwirtschaftlichen Lage nur dann unschädlich, wenn er im Zuge einer großen Einkommensteuerreform erfolge, die bei den Steuerzahlern unter dem Strich zu spürbaren Entlastungen führe.
Am 17. Oktober 2003 beschloss Rot-Grün im Bundestag schließlich in namentlicher Abstimmung, also auch unter Zustimmung aller ostwestfälisch-lippischen Abgeordneten, das Haushaltsbegleitgesetz 2004 und damit die Absenkung der Entfernungspauschale auf 15 Cent. Die Union lehnte das Gesetz und damit die drastische Kürzung der Pendlerpauschale zum Stopfen von Haushaltslöchern ab. Im Vermittlungsausschuss konnte die Union dann erreichen, dass die Pendlerpauschale auf einheitlich 30 Cent pro Enfernungskilometer festgelegt wurde.
Erst in diesen Tagen hat Eichel bekräftigt, dass er auf seine Vorhaben aus dem »Steuervergünstigungsabbaugesetz« und dem »Haushaltsbegleitgesetzes 2004« zurückgreifen will. Daraus folgt: Er strebt die komplette Abschaffung der Pendlerpauschale für die ersten 20 Kilometer erneut an. In den Wahlkampfaussagen der SPD-Politiker auch in Ostwestfalen-Lippe hört sich das ganz anders an.
Aber wahrscheinlich wird dies wieder einmal nur verzerrt wiedergegeben - wie bei der ermäßigten Mehrwertsteuer. Da hatte Eichel auch flugs dementiert, er wolle diesen ermäßigten Mehrwertsteuersatz nach einem Wahlsieg teilweise aufheben.

Artikel vom 09.09.2005