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Atemnot? Die Lunge ist schuld!

Spezialisten im Kampf gegen Bronchitis, Tuberkulose und Krebs

Von Sabine Schulze
Bielefeld (WB). Atemnot beim Treppensteigen? Japsen bei körperlicher Belastung? Da denkt jeder sofort an das Herz, und der Hausarzt wird in aller Regel ein EKG schreiben. »Es ist aber längst nicht immer das Herz. Ein Lungenfunktionstest wäre ebenso sinnvoll«, sagt Dr. Markus Gernhold.

Gernhold ist Oberarzt am Ev. Krankenhaus, Klinik für Innere Medizin, Kardiologie, Nephrologie und Pneumologie, Gilead II. Und obgleich Lungenerkrankungen die zweithäufigste Ursache für die stationäre Aufnahme von Patienten bilden, führe die Pneumologie ein Schattendasein, bedauert er. Der »Deutsche Lungentag« soll dazu beitragen, dies zu ändern. Zum achten Mal findet er nun statt: am Samstag, 24. September. Gernhold veranstaltet aus diesem Grund am 21. September eine Ärztefortbildung.
Zu den häufigsten Lungenerkrankungen gehören die chronische Bronchitis (der Fachmann spricht kurz von der COPD = Chronic Obstructive Pulmonary Disease), Asthma und das Lungenkarzinom. »Bei Erwachsenen ist die Bronchitis am häufigsten vertreten.« Etwa fünf Millionen Bundesbürger leiden an dieser unterschätzten Volkskrankheit. Und nach einer internationalen Studie werden diese Patienten extrem häufig falsch behandelt.
Dabei ist die chronische Atemnot, die mit COPD einhergeht, quälend, sagt Gernhold. In den verengten Bronchien bleibt die Luft »gefangen«, es wird nicht genug frische Luft zugeführt. Medikamente, die die Bronchien wieder weiten, bringen Linderung. Besonders wichtig aber ist es, sagt Gernhold, mit dem Rauchen aufzuhören: »Das kann den Krankheitsverlauf stoppen.«
Denn das Rauchen begünstigt die Erkrankung. »Laut einer WHO-Statistik stehen Bronchitis und Asthma derzeit an achter Stelle bei den Todesursachen. Bis 2020 werden sie wohl auf die dritten Stelle vorgerückt sein.« Während in den asiatischen Ländern die extreme Luftverschmutzung als Ursache gilt, ist es bei uns eben das Rauchen.
»Das gilt auch für den Lungenkrebs, mittlerweile bei den Männern der häufigste Tumor; die Frauen arbeiten allerdings daran, aufzuholen. »85 bis 90 Prozent der Patienten mit Lungenkarzinom haben geraucht!« Die beste Prävention ist also schlicht, niemals zur Zigarette zu greifen. Aber den Rauchern zum Trost: Auch ihre Lunge kann sich wieder erholen. Ist die Krebs-Diagnose erst einmal gestellt, sind die Überlebenschancen nicht gut. Lediglich bei einem sehr früh entdeckten Tumor, der noch nicht gestreut hat, überleben 80 bis 85 Prozent die nächsten fünf Jahre. »Ein solch kleines Karzinom ist aber in aller Regel eine Zufallsdiagnose.«
Nach wie vor ernst genommen werden muss das Asthma - auch wenn die Zahl der Notfälle dank konsequenter Therapie und Schulung der Patienten deutlich gesunken ist. »Kinderärzte sehen es dafür recht häufig, und zwar oft als Begleiterscheinung von Allergien.« Bei einem Fünftel der Patienten, schätzt Gernhold, kommt es bei einer Allergie zu einem »Etagenwechsel«: Aus einem Heuschnupfen entwickelt sich Asthma.
Neben der medikamentösen Therapie empfiehlt der Facharzt seinen Patienten, die vor allem in den Morgenstunden gerne von Atemnot attackiert werden, simple Tricks: Sie sollten sich abends vor dem Zubettgehen die Haare waschen und die Kleidung, die sie tagsüber getragen haben, nicht im Schlafzimmer wechseln. Die Rate der Asthmaanfälle sinkt dann dramatisch.« Auch das Lüften der Räume sollte vor Mitternacht (und nicht frühmorgens) erfolgen, wie auch die Bettwäsche nicht im Freien getrocknet werden sollte. »Es sind oft banale Dinge, die dennoch wirklich helfen.«
Zunehmend haben es die Pneumologen in den vergangenen Jahren mit der Tuberkulose zu tun, die von Zuwanderern aus den ehemaligen GUS-Staaten eingeschleppt wird. »Wenn sie auch nicht die direkt Betroffenen sind, so haben doch die meisten Patienten Kontakt zu jemandem aus dem Osten gehabt.«
Zwar hat die Tb noch längst nicht die Häufigkeit wie in den 50er Jahren, dafür aber sind die Fälle komplizierter geworden: »Bei uns wird konsequent mit vier Medikamenten behandelt - mit sehr gutem Erfolg. In den alten GUS-Staaten wurde mit einem oder zwei Medikamenten therapiert, dann aber aus finanziellen Gründen oft nicht bis zum Ende«, erklärt Gernhold. Die Folge: Die Erreger wurden nicht eliminiert, sondern entwickelten Resistenzen, die die Behandlung schwierig machen.

Artikel vom 17.09.2005