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Sicherungsverwahrung ist
auch nachträglich möglich

Lange Haftstrafe für Bielefelder Modelleisenbahner


Bielefeld (uko). Sieben Jahre und neun Monate Haft soll ein Bielefelder Modelleisenbahner absitzen. Der 64-jährige Werner H. hatte in 24 Fällen Schutzbefohlene sexuell mißbraucht, die ihm durch sein Hobby anvertraut waren. Mit dem Urteil entsprach die Jugendkammer des Landgerichts exakt dem Strafantrag von Staatsanwältin Ute Beckmann. Verteidiger Carsten Ernst kündigte allerdings Revision an.
In den Jahren 1999 bis 2004 hatte der Modelleisenbahner die Faszination seines Hobbys besonders dazu ausgenutzt, vier Jungen im Alter von damals zwölf bis 15 Jahren in seine Wohnung zu locken. Dort durften die Gäste von Werner H. mit dessen Eisenbahnanlage spielen und seinen Computer für die digitale Steuerung der Anlage benutzen. Auf dem PC befanden sich indes pornographische Dateien, deren Ansicht Werner H. erlaubte.
Insgesamt kam es nach dem Urteil des Gerichts zu 24 Fällen des Mißbrauchs »in einer sexualisierten Atmosphäre«. Kammervorsitzender Reinhard Kollmeyer erteilte dem vagen Geständnis des Angeklagten, die Taten seien »passiert«, und er habe sich nur vorzuwerfen, sie »nicht unterbunden« zu haben, eine klare Absage: »Mißbrauch ist immer geplant, das überkommt einen nicht wie der Heilige Geist«, sagte Kollmeyer.
Die Taten des schon 64-Jährigen ließen »eine hohe Gefährlichkeit vermuten«, man hätte sich auch über die Verhängung einer Sicherungsverwahrung Gedanken machen können. Auch habe die Kammer derüber beraten, ob man den Strafantrag nicht überbieten solle. Offenbar jedoch mochten die Richter dem Mann einen Altersbonus nicht verwehren.
Kollmeyer gab dem Modelleisenbahner noch einen gut gemeinten Rat mit auf den Weg in die Haftanstalt: Werner H. solle alle therapeutischen Möglichkeiten ausnutzen. Anderenfalls drohe in einigen Jahren sogar die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung.

Artikel vom 09.09.2005