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25 000 Leichensäcke
für New Orleans

Kolibakterien und Blei verseuchen die Flut

New Orleans/Detmold (dpa). Deutschland hat 89 THW-Helfer und fünf Mitarbeiter der Johanniter-Unfall-Hilfe in das Katastrophengebiet von New Orleans geschickt. Zu den THW-Kräften zählen auch drei Männer aus Detmold.

Sie flogen gestern mit zwei US-Transportmaschinen vom US-Militärflughafen Ramstein (Rheinland-Pfalz) ab. Das THW soll die Behörden in New Orleans mit Hochleistungspumpen bei der Bekämpfung der Wassermassen und Instandsetzung von Stromleitungen unterstützen.
Die deutschen Helfer in dem Katastrophengebiet der USA werden nach eigenem Empfinden mit großer Dankbarkeit und Offenheit aufgenommen. »Jeder zweite Amerikaner, den man trifft, bedankt sich sofort und überschwänglich für unsere Hilfe«, sagte der Generalsekretär von Malteser International, Ingo Radtke. Der 50-Jährige arbeitet seit Dienstag mit einem sechsköpfigen Team in Baton Rouge, 110 Kilometer von New Orleans entfernt. Er habe vorher die Sorge gehabt, nicht gebraucht zu werden. »Aber wir werden sofort eingesetzt. Da wird gar nicht lange gefragt.«
Das Gütersloher Medienunternehmen Bertelsmann kündigte gestern eine Spende für das Rote Kreuz in den USA in Höhe von einer Million Dollar an. Das Geld soll für die Hurrikan-Opfer verwendet werden. In New Orleans ist das Flutwasser inzwischen so stark mit Bakterien und Chemikalien verseucht, dass Einwohner und Retter eindringlich vor jedem Kontakt mit dem Wasser gewarnt wurden. Trotz der Gefahr wurde allerdings noch nicht mit der angeordneten Zwangsevakuierung begonnen.
Unterdessen trafen in New Orleans 25 000 Leichensäcke ein - ein Zeichen dafür, dass die Behörden mit dem Schlimmsten rechnen. Als Beispiel für kommende Schrecken werteten Retter die Entdeckung von 30 Leichen in dem Altenheim St. Rita im Bezirk St. Bernhard östlich von New Orleans. 40 bis 50 Menschen seien zuvor aus dem Heim gerettet worden, sagte Sheriff Jack Stevens.
Wie die Umweltbehörde EPA mitteilte, sind bei den ersten umfassenden Wassertests gefährlich hohe Konzentrationen von Kolibakterien und Blei festgestellt worden. Die Werte für Kolibakterien überschritten die Grenzwerte um das Zehnfache. Eigene Tests des Nachrichtensenders CNN ergaben teilweise eine Überschreitung um das 100fache. Auch die Bleikonzentration ist nach Angaben der EPA weit über dem Zulässigen. So bestehe etwa Gefahr für Kinder, falls diese große Mengen Wasser schluckten. Die EPA rief alle Menschen in New Orleans auf, das Wasser nicht zu berühren. In den Fluten treiben Leichen, Müll, Industrieabfälle und Benzin aus den vielen überfluteten Autos.
»Wenn ihr die Stadt noch nicht verlassen habt, dann müsst ihr es jetzt tun«, warnte die Chefin der Gesundheitsbehörde CDC in Atlanta angesichts der Verseuchung.
Neben den bereits bewilligten 10,5 Milliarden Dollar beantragte das Weiße Haus jetzt vom Kongress noch weitere 51,8 Milliarden Dollar für die Hurrikanhilfe. Der Budgetdirektor des Weißen Hauses, Joshua Bolten, machte bei der Ankündigung deutlich, dass dies nicht das letzte Mal sein werde. Das Weiße Haus müsse vermutlich noch mehr Gelder beantragen.
Auch der Start der Raumfähre »Discovery« könnte sich wegen Schäden durch den Hurrikan »Katrina« und technischer Probleme um Monate bis Ende 2006 verzögern.

Artikel vom 09.09.2005