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»Spezial-Spürnasen« auf vier Pfoten

In Schloß Holte-Stukenbrock werden Polizeihunde für weltweit 26 Staaten ausgebildet

Von Julia Graf
Lübbecke/Schloss Holte-Stukenbrock (WB). Sie ist ein echter Hundefan. Zu Hause in Lübbecke hat Petra Selle selbst zwei treue Vierbeiner. Mit beiden war die Büroangestellte natürlich auch in der »Hundeschule«. Aber wie läuft so eine Ausbildung eigentlich bei den Profis?

Was lernt ein richtiger Schutzhund bei der Polizei? Im Rahmen der großen WESTFALEN-BLATT-Aktion »Wünsche werden wahr« bot sich Petra Selle jetzt die einmalige Chance, hinter die Kulissen des Instituts für Aus- und Fortbildung (IAF) der NRW-Polizei in Schloss Holte-Stukenbrock zu schauen und viel Wissenswertes über die Ausbildung der Polizeihundeführer und ihrer Vierbeiner zu erfahren.
Nach der Ankunft wird Petra Selle (36) von Polizeihauptkommissar Rüdiger Kelm und Deike Stemberg, ebenfalls Polizeihauptkommissarin und die zuständige Sachgebietsleiterin, in Empfang genommen. Denn, so erfährt die Lübbeckerin, das Polizeihundewesen ist eines von vielen unterschiedlichen Sachgebieten im Institut. Die Polizei in NRW verfügt derzeit über 380 Hundeführer, die auf die einzelnen Präsidien und Kreispolizeibehörden verteilt sind, erklärt Rüdiger Kelm. »Und ein Diensthundeführer sollte auf jeden Fall Spaß an der Arbeit mit Hunden mitbringen - denn der Hund wird Teil der Familie sein.« Im IAF absolvieren die Hundeführer die Grundausbildung, und zwar mit dem Tier, das die Behörde ihnen zur Verfügung stellt. Der Grundlehrgang »Spürhund I« umfasst 70 Arbeitstage. »Hier lernt der Hundeführer, wie er den Hund selbst ausbildet.« So ein Diensthund, sagte Kelm weiter, habe eine »Dienstzeit« von sechs bis sieben Jahren, »daher sollte er zu Beginn auch nicht älter sein als zweieinhalb bis drei Jahre«. Voraussetzungen sind bestimmte Wesensmerkmale, eine gewisse Motivationsfähigkeit, »schussfest« - also nicht schreckhaft zu sein - und eine nicht zu niedrige Reizschwelle zu haben. Stamme der Hund nicht aus eigener Zucht, sondern werde er zugekauft, sei ein Probevertrag üblich; nach drei Wochen entschieden die Fachleute dann, ob der Hund geeignet sei oder nicht.
Bei Hunden mit besonderer Spielfreude und Motivation bestehe die Möglichkeit, sie im Anschluss an die Grundausbildung zum Sprengstoff- oder Rauschgiftspürhund zu spezialisieren. Um die hohen Standards zu halten, würden alle diese Spezialhunde in NRW nur im IAF ausgebildet und hier auch geprüft. Stolz weist Rüdiger Kelm darauf hin, dass in Stukenbrock Spezialhunde für 26 Staaten weltweit ausgebildet werden. Und im IAF sind auch die absoluten »Spezialisten« im Einsatz wie die Leichen- und Brandmittelspürhunde. Außerdem werde vor Ort das so genannte Geruchsspurenvergleichsverfahren angewendet, um zu überprüfen, ob ein Tatverdächtiger mit einem bestimmten Beweismittel Kontakt hatte.
Nach so viel Wissenswertem geht's dann raus ins Gelände. Hier lernt Petra Selle Diensthundeführer Dirk Grobowsky und seinen Sprengstoffspürhund »Yello« kennen. Der viereinhalb Jahre alte Rüde ist ein Malinois (oder liebevoll kurz »Mali« genannt), eine Rasse, die aufgrund ihre positiven Eigenschaften mit am häufigsten für den Polizeidienst eingesetzt wird. »Ist es für die Auswahl eines Polizeihundes wichtig, ob es ein Rüde oder eine Hündin ist?«, möchte Petra Selle wissen. Nein, das spiele keine Rolle, erklärt Rüdiger Kelm.
Ein ganz besonderes Erlebnis ist der Besuch im »Hunde-Kindergarten«. Hier stellt Axel Dreier, Sachbearbeiter Ankauf und Zucht, den Malinois-Nachwuchs aus der landeseigenen Zucht vor. Und Petra Selle lässt sich nicht zweimal auffordern, ins Gehege zu klettern und mit den tapsigen Welpen herumzutollen - die das Spielangebot übrigens begeistert annehmen. Etwa 70 Prozent der Tiere aus eigener Zucht seien für den Polizeidienst im Schnitt geeignet, und noch einmal 68 bis 75 Prozent davon spürhundtauglich, »ein hoher Anteil«, so Kelm.
Welche Reaktionsfähigkeit und -schnelligkeit ein ausgebildeter Schutzhund hat, demonstrieren Dirk Grobowsky und »Yello« im Anschluss. »Waren Sie schon einmal Schutzhundehelfer?«, fragt Dirk Grobowsky. Die Lübbeckerin verneint, aber wenn die Gelegenheit schon mal da ist. . . Flugs wird sie von Dirk Grobowsky und seinem Kollegen Michael Pfaff in einen Vollschutzanzug verpackt, so dass sie sich fühlt wie ein »Michelin-Männchen«. Doch der Anzug hat natürlich seinen Sinn, und so spürt Petra Selle kaum etwas, als »Yello« bei der vermeintlich wehrhaften »Täterin« kräftig zupackt. Nach erfolgreichem Einsatz ist bei »Yello« dann wieder Streicheln angesagt.
»Das war schön und wirklich interessant«, freut sich Petra Selle am Ende eines ereignisreichen Vormittags über die nette Betreuung seitens der Polizei. Und als Erinnerung bekommt sie gleich noch ein Foto mit auf den Weg.

Artikel vom 13.09.2005