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Augustinus

»Die Lüge - das
ist eine Aussage mit dem
Willen, Falsches
zu sagen.«

Leitartikel
Jede Menge Unwahrheiten

Kampagne gegen Kirchhof


Von Jürgen Liminski
Eine Lüge ist nach klassischer Definition »eine Aussage mit dem Willen, Falsches auszusagen« (Augustinus), die Wahrheit wird bis zur Unkenntlichkeit verdreht. Bei der Propaganda ist sie immerhin noch erkennbar, wenn auch verzerrt.
In Wahlkampfzeiten sind Propaganda-Parolen normal, man wirbt eingefärbt und mit Eifer für seine Sache und gibt sich dabei den Anschein des Objektiven.
Geschenkt, der Wähler erkennt die Posen des Pathetischen. Aber bei glatten Lügen ist er hilflos, und was seit einigen Tagen mit der Berichterstattung über den designierten Finanzminister in Merkels Kompetenzteam, Professor Paul Kirchhof, in manchen Medien berichtet wird, ist schlicht gelogen.
Nicht nur im TV-Duell am Sonntagabend spielte das Thema eine - leider nicht zu Ende besprochene - Rolle. Bei der vorausgehenden Berichterstattung fiel das TV-Magazin Monitor unrühmlich auf. Mit dem Anschein, Wahrheiten ans Tageslicht zu bringen, stellte Monitor letzte Woche das Frauen- und Familienbild Kirchhofs als angeblich hoffnungslos antiquiert und damit vollkommen falsch dar. Dazu bediente man sich der Aussage der Verfassungsrichterin Jutta Limbach, die selbst Wahlkampf für die SPD betreibt, und einiger Zitate Kirchhofs aus einem Vorwort, das er für das Buch »Abenteuer Familie« (Sankt Ulrich-Verlag, Augsburg) geschrieben hat.
Die Zitate wurden aus dem Zusammenhang herausgerissen. Der Darmstätter Sozialrichter Jürgen Borchert wies die Redaktion vor der Sendung darauf hin, dass es sich bei den Zitaten um Teile einer zusammenfassenden Beschreibung der Lebenssituation der Autorenfamilie handele, und faxte den Redakteuren das ganze Vorwort und folgenden Hinweis zu, jedenfalls noch vor der Sendung: »Wenn man statt des manipulierten Zitats einmal in die Urteile des Bundesverfassungsgerichts schaut, von denen wir wissen, dass sie seine (Kirchhofs, A.d.V.) Handschrift tragen, also Taten statt Worte nimmt (insbesondere den »Kindergeldbeschluss« vom 10. 11. 1998), dann sieht man dort ein ÝentschiedenesÜ Plädoyer für Wahlfreiheit und damit das Gegenteil einer Fixierung auf überholte Rollenbilder.«
Abgesehen davon, dass auch die Buch-Autoren das Prinzip der Wahlfreiheit hochhalten, zeigt die kampagnenartige Hetze gegen Kirchhof, dass die Ideologen im rot-grünen Lager höchst nervös geworden sind und vor nichts mehr zurückschrecken. Freiheit, Eigenverantwortung und Leistungsgerechtigkeit verwechseln sie mit Staatsfürsorge und Gleichheit.
So bleiben sie im Gedankengulag der linken Lebenslügen. Damit ist kein Staat für morgen zu machen. Besonders tragisch aber ist, dass auch CDU-Barone wie Peter Müller, Roland Koch und andere aus diesem Gulag nicht herauswollen. Ihre öffentliche Kritik an Kirchhof offenbart geistige Enge und Eitelkeiten.
Sollte es am 18. September nicht reichen, kann Merkel sich auch bei ihnen bedanken.

Artikel vom 08.09.2005