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Riesiger Betonkübel
kracht auf Ski-Gondel

Neun Deutsche sterben auf dem Gletscher von Sölden

Sölden (dpa). Schweres Gondelunglück in Sölden: Beim Absturz einer Seilbahn, die von einem riesigen Betonkübel getroffen wurde, sind gestern auf dem dortigen Gletscher neun deutsche Urlauber in den Tod gerissen worden.

100 Urlauber wurden mit Hubschraubern aus den Gondeln gerettet. Nach Angaben von Augenzeugen hatte ein Transporthubschrauber auf dem Rettenbachferner-Gletscher in den Ötztaler Alpen auf dem Flug zur Bergstation oberhalb von Sölden den etwa 750 Kilo schweren Behälter verloren. Er stürzte aus 300 Metern Höhe ab und traf eine Gondel direkt.
Bei den Opfern handelte es sich um drei Erwachsene und sechs Kinder. Berichte, wonach es Mitglieder des Deutschen Alpenvereins waren, konnten zunächst nicht bestätigt werden. Sieben Menschen erlitten schwere Verletzungen, zwei von ihnen sind in einem kritischen Zustand.
Durch die Wucht des Aufpralls wurde die Kabine aus ihrer Verankerung gerissen und stürzte etwa 50 Meter in die Tiefe, wo sie auf felsigem Grund aufschlug. Das Tragseil geriet in heftige Schwingungen, so dass Fahrgäste aus zwei anderen Kabinen herausgeschleudert wurden. Die Abgestürzten waren nach Auskunft von Notärzten auf der Stelle tot.
Der Transporthubschrauber war auf dem Weg zu einer Baustelle an der Bergstation der Seilbahn, als sich ein großer, mit Beton beladener Metallbehälter aus der Verankerung löste. Der Helikopter stammt aus der Flotte des Salzburger Transportunternehmens Knaus, das in den vergangenen Jahren durch mehrere Unfälle Aufsehen erregte. Vor etwa einem Jahr stürzte ein Knaus-Hubschrauber in Tschagguns (Vorarlberg) ab. Der 33-jährige Pilot, der Teile für eine Lawinenverbauung auf den Berg flog, kam dabei ums Leben. Wenige Monate zuvor stürzte der Knaus-Rettungshubschrauber »Martin 1« kurz nach dem Start in St. Johann (Pongau) ab. Die transportierte Patientin starb bei dem Absturz, der Notarzt und der Sanitäter an Bord wurden schwer, der Pilot leicht verletzt.
Um 13.15 Uhr erreichte die Leitstelle des Bundeslandes Tirol gestern der Alarm. Der Anruf kam von einem Augenzeugen über Handy aus einer Gondel, die nicht von dem Unglück betroffen war. Die Unglücksstelle liegt in 2800 Metern Höhe im Schnee, wo nur Hubschrauber landen konnten.
Für neun der abgestürzten Opfer kam jedoch jede Hilfe zu spät. Die Schwerverletzten wurden in die Universitätsklinik nach Innsbruck geflogen. Zwölf Rettungshubschrauber, 60 Sanitäter und sechs Notärzte waren im Einsatz. Bis zum Nachmittag waren alle Passagiere aus den noch am Seil hängenden Kabinen geborgen. Auf dem Gletscher herrschte am Unglückstag Sommerskibetrieb.
Die Seilbahn auf die 3309 Meter hohe Schwarze Schneid war bereits vergangenes Jahr Schauplatz eines spektakulären Unfalls. Am 14. November hatte sich das Steuerseil der Bahn mit einer leeren, talwärts fahrenden Gondel verfangen. Eine Kabine war daraufhin abgestürzt. 113 Fahrgäste, darunter viele Deutsche, mussten bei starkem Frost Stunden in ihren Gondeln warten, bis sie schließlich abgeseilt werden konnten.

Artikel vom 06.09.2005