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Merkel holt neue Stimmen

Schröder schneidet besser ab, aber Union gewinnt bei Wählern

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Gerhard Schröder hat im TV-Duell besser abgeschnitten, dennoch darf Angela Merkel auf einen weiteren Punkt in den Umfragen hoffen.

Herausforderin Merkel habe ihre Position gegen den »glänzenden TV-Darsteller« Schröder festigen können, das sagte Klaus-Peter Schöppner von TNS Emnid gestern dem WESTFALEN-BLATT. Umfragen bestätigten Schröder zwar als Gesamtsieger, »bei der Effektivität des Ganzen sieht die Welt aber schon anders aus«. Die Union dürfe hoffen, bei der in dieser Woche letztmals erhobenen Sonntagsfrage einen weiteren Prozentpunkt zulegen zu können.
Entscheidend sei nämlich, welcher Kandidat eine Veränderung in den Einstellungen zu seinen Gunsten bewirken konnte. Das habe Merkel vor 21 Millionen Zuschauern geschafft. Die Zahl der Wähler, die sie als die Bessere empfanden sei gestiegen, Schröders Anteil gesunken. Forsa-Chef Manfred Güllner sagte, Schröder werde einige Unentschlossene zur SPD zurückbringen. »Für eine Trendwende, einen richtigen Schub wird es nicht reichen.« Emnid hatte vor dem Duell bei den Erwartungen 59 Prozentpunkte zugunsten Schröders ermittelt. 24 Prozent erwarteten, Merkel werde brillieren. »Aus 59 zu 24 wurde am Sonntag ein 52 zu 32«, so Schöppner. »Damit wurde die Differenz von 35 auf 20 zurückgedampft. Das ist nicht wenig.«
Die Begegnung am Sonntag war das einzige echte TV-Duell der zwei Spitzenkandidaten. Für die SPD sei mit dem Treffen die letzte Hoffnung zerstoben, den zum Wahlsieg notwendigen kräftigen Schlussspurt noch hinzulegen. Die SPD sei davon ausgegangen, dass das TV-Duell Initialzündung für zwei starke Kanzlerwochen sei.
Schöppner: »Diese Nummer ist vom Tisch.« Die Chance der SPD, jetzt eine neue Botschaft zu vermitteln, sei geringer geworden. Auch die nun noch ausstehende Diskussion der Parteivorsitzenden, in die sich Schröder hineingemogelt habe, könne das nicht mehr ändern. Am Mittwoch nächster Woche werden in der ARD noch einmal fünf Parteivorsitzende und Schröder anstelle von Franz Müntefering zusammentreffen.
Die Union will in der Endphase des Wahlkampfes die SPD mit der Frage nach möglichen Koalitionen unter Druck setzen. Nach einer CDU-Präsidiumssitzung sagte Merkel mit Blick auf die Sozialdemokraten, »die anderen« drückten sich davor zu sagen, mit wem sie ein Bündnis bilden wollen.
In der SPD gebe es auch Stimmen, die langfristig ein Bündnis mit der Linkspartei (vorher PDS) befürworteten. Die Union werde darauf hinweisen, dass es nur mit der FDP eine stabile Koalition für die notwendigen Reformen geben könne, sagte Merkel.
Merkel zeigte sich mit dem Verlauf des TV-Duells mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zufrieden. Sie selbst wolle aber nicht als Punktrichterin in eigener Sache auftreten. »Ich bin ausgesprochen motiviert und gehe sehr fröhlich und froh in den Wahlkampf.«

Artikel vom 06.09.2005