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Bierhoff stellt sich
vor die Mannschaft

Die herbe Kritik ruft den Team-Manager auf den Plan

Bremen (dpa). Mit einem flammenden Appell hat sich Team-Manager Oliver Bierhoff als Schutzschild vor die hart kritisierten deutschen Fußball-Nationalspieler und Jürgen Klinsmann gestellt.
Der 37-Jährige beklagte in Bremen vehement die »überzogene und nicht immer respektvolle« Kritik nach dem 0:2 in der Slowakei und forderte mehr Anerkennung für die bislang geleistete Arbeit auf dem Weg zur WM 2006. »Man sollte mal 14 Monate zurückblicken. Nach der Europameisterschaft wurden wir als Deppen in Europa bezeichnet. Wir haben viel verändert, das brauchte viel Mut. Wir sind voll im Plan.«
Nach dem 0:2 gegen die Slowakei wandte sich Bierhoff gegen Panikmache. Die Teamleitung war von der geballten Schelte, die bis zur Veralberung der Spieler ging, ebenso verärgert wie über die Kritik an Klinsmanns Personalkurs. Bierhoff versprach den Fans Wiedergutmachung im Test am Mittwoch (20.30/ARD) im längst nicht ausverkauften Weserstadion: »Die Mannschaft hat sich nicht zerfleischt und ist nicht zerstritten. Sie will ein Zeichen setzen gegen Südafrika.«
Während sich Trainer Klinsmann ganz auf die interne Arbeit mit dem verunsicherten Team konzentrierte, übernahm Bierhoff die Außendarstellung. »Es ist wichtig, dass Spieler und Trainer wissen, dass ein gewisser Schutz da ist«, begründete er seinen Redeschwall. Er trage als Team-Manager nicht die sportliche Verantwortung: »Ich kann Dinge besser verteidigen als ein Trainer oder Spieler.«
Das negative Echo nach der Partie in Bratislava, die sogar DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder in der ersten Hälfte als »mittlere Katastrophe« empfunden hatte, bewertete die Teamleitung als maßlos überzogen. Intern seien solche Rückschläge einkalkuliert, betonte Bierhoff: »Wir fallen nicht aus allen Wolken. Wir gestehen dieser Mannschaft Rückschläge zu. Es kann kein stetiges Wachstum geben, weder an der Börse noch in der Wirtschaft. Es wird immer eine Phase der Stagnation geben.« Wichtig sei, »dass die Trainer die Spieler detailliert auf ihre Fehler hinweisen«, sagte Bierhoff, der auch selber gespannt ist auf die Reaktion: »Wichtig ist, wie die junge Mannschaft jetzt mit dieser Situation umgeht. Der Druck wird höher, der Bonus ist schnell weg.«
Am Abend zuvor hatten sich die DFB-Kicker in Gruppen zu einer eigenen Diskussionsrunde getroffen. »Wir Führungsspieler haben einen Schlussstrich gezogen und gesagt, dass es so nicht weitergehen kann. Wir müssen vorangehen und den jungen Spielern helfen«, berichtete Miroslav Klose, der wegen einer Risswunde mit dem Training aussetzte, aber morgen spielen wird.
Die wichtigste Forderung formulierte Kapitän Michael Ballack, der nach 12 Gegentoren in den letzten fünf Länderspielen (Schnitt: 2,4) das Abwehrchaos leid ist: »Wir müssen mehr Augenmerk auf die Defensive legen, wir müssen wieder versuchen zu Null zu spielen, das ist die Grundlage.«

Artikel vom 06.09.2005