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BP-Chef: »Wir zocken nicht ab«

ADAC fordert höhere Pendlerpauschale - OPEC fördert über Bedarf hinaus

Hamburg (dpa/Reuters). Im Streit um die hohen Benzinpreise hat der Vorstandsvorsitzende der Deutschen BP, Uwe Franke, den Vorwurf der Abzocke zurückgewiesen. Die Ertragslage der Tankstellen sei trotz der gestiegenen Preise extrem schlecht, sagte Franke in einem Interview.

Der Marktführer Aral gehört zum BP-Konzern. »Aral wird an der Zapfsäule in diesem Jahr praktisch kein Geld verdienen, wahrscheinlich sogar rote Zahlen schreiben«, sagte Franke. »Wir durchleben genauso schwere Zeiten wie die Autofahrer selbst«, sagte der BP-Chef.
Die Forderung an die internationalen Ölkonzerne, einen Teil ihrer hohen Gewinne zur Senkung der Benzinpreise einzusetzen, wies Franke zurück: »Das wäre absolut ungesetzlich. Es hieße ja, dass ein Konzern wie BP das in der Raffinerie produzierte Benzin den eigenen Tankstellen billiger verkaufen würde als der mittelständischen Konkurrenz. Durch einen solchen unlauteren Wettbewerb würde der Mittelstand in den Bankrott getrieben. Das Kartellamt wäre sofort zur Stelle.«
Die Benzinpreise an den Zapfsäulen sind über das Wochenende und gestern etwas zurückgegangen. Ursache ist eine leichte Entspannung am Rotterdamer Ölmarkt, teilten Sprecher der Mineralölwirtschaft mit.
Der Preis für eine Tonne Benzin reduzierte sich von 799 auf 780 Dollar. An den Zapfsäulen kostet ein Liter der meistgetankten Sorte Super im bundesweiten Durchschnitt an Markentankstellen 1,43 Euro. Für einen Liter Diesel müssen 1,17 Euro bezahlt werden.
Die Ölproduktion der OPEC-Länder liegt nach Einschätzung des Förderkartells weiter etwa eine Million Barrel über dem vom Markt benötigten Bedarf.
»Die OPEC-Staaten produzieren derzeit 30,4 Millionen Barrel am Tag. Dies ist mehr als der Markt braucht, um strategische und gewerbliche Bestände zur Preisstabilisierung aufzubauen«, sagte OPEC-Präsident Scheich Ahmed Fahed al-Sabah.
Nach den massiven Preiserhöhungen für Benzin und Diesel hat der ADAC eine Anhebung der Entfernungspauschale von 30 auf 40 Cent je Entfernungskilometer gefordert. Die künftige Bundesregierung sollte dies mit Wirkung zum Jahreswechsel beschließen, erklärte ADAC-Präsident Peter Meyer am Montag. »Für viele Autofahrer ist die Grenze ihrer Belastbarkeit überschritten.« Gerade Berufspendler hätten oft keine Alternative zum privaten Pkw, sie seien auf die Entfernungspauschale existenziell angewiesen.
Mit dem derzeitigen Satz lasse sich nicht einmal ein Kleinwagen Kosten deckend betreiben, betonte der ADAC in München. Arbeitswegkosten dürften steuerlich nicht schlechter behandelt werden als andere Werbungskosten. Die Entfernungspauschale sei elementarer Bestandteil der Steuergesetzgebung.
Der Spritverbrauch neu zugelassener Pkw soll nach dem Willen von Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) im Schnitt bis zum Jahr 2012 auf etwa fünf Liter je 100 Kilometer gesenkt werden. Dazu solle die Automobilbranche der EU eine Selbstverpflichtungs-Erklärung abgeben, forderte Trittin. Deutschland zapft seine strategische Ölreserve im Rahmen einer international abgestimmten Aktion wie angekündigt an. Eine entsprechende Verordnung hat Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) unterzeichnet. Danach sollen vom 7. September an für 30 Tage maximal 474 000 Tonnen Ölprodukte aus der nationalen Reserve freigegeben werden.

Artikel vom 06.09.2005