06.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Eine »brutale«
Eigendynamik

Monat der Wahrheit für VfB Fichte

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Der Blick auf die Tabelle der Fußball-Oberliga kann niemanden, der es mit dem VfB Fichte hält, zufrieden stellen. »Letzter mit zwei von 15 möglichen Punkten und nach fünf Spieltagen die einzige Mannschaft ohne Sieg«, drückt Marketing-Geschäftsführer Dirk Starke die tristen Zahlen in Worte aus. Und Trainer Holger Wortmann stellt nach schlafloser Nacht fest: »Wir haben ganz klar einen Fehlstart hingelegt. Ich bin der Letzte, der das schön redet«.

Nun sind sie sich an der Rußheide einig: Bisher betriebener Aufwand und Ertrag stehen in überhaupt keinem Verhältnis. Die hervorragende Trainingsarbeit ist einfach noch nicht belohnt worden. So wie am Sonntag an der Ruhr, unter den Augen von Hermann Gerland und Momo Diabang. Die Trainer Wortmann und Moning hätten die Mannschaft »perfekt eingestellt«, lobt Starke.
Sein Bochumer Kollege Manfred Wölpper habe »eins zu eins« jener Anfangsformation vertraut, die er seiner Crew zuvor eingetrichtert hatte, sagt Holger Wortmann bedrückt. »Jeder einzelne von uns wusste um die Stärken und Schwächen des Gegners«. Und dann führt der frühe VfL-Treffer nach 100 Sekunden Bielefelds ganzes ehrgeiziges Vorhaben »ad absurdum. Die Begegnung hat eine brutale Eigendynamik erhalten, ist brutalst umgekippt«, spricht Starke von einer »Choreographie des Wahnsinns«, die nicht mehr zu stoppen gewesen sei.
Ein Mix aus Unvermögen, Pech, Unzulänglichkeiten und ganz ausdrücklich auch Dummheit, so Starke, habe in der Summe eben jenes 3:1 für Bochum ergeben. Die Lektion, die der VfB Fichte am Sonntag wieder mal erteilt bekam, scheint klar. »Wir müssen in jedem Oberligaspiel 100 Prozent geben. Über 90 Minuten. Es sind oft Nuancen, die die Waage zu der einen oder anderen Seite ausschlagen lassen«.
Ähnlich äußert sich Holger Wortmann, der der Mannschaft »kein Alibi gibt«. Auch wenn die konfuse Schiedsrichterleistung »eine Katastrophe« war, wie selbst die Bochumer Seite bestätigte. »Wir müssen immer top konzentriert spielen. Von Anfang an geordnet stehen, Sicherheit ins Spiel bekommen. Den Ball einige Zeit von der eigenen Abwehr fern halten«, predigt er. Mittlerweile sollten alle gemerkt haben, dass »in der Oberliga jeder kleinste Fehler bestraft wird«. Seltsam, dass seine Schützlinge erst in doppelter Unterzahl die ausgegebenen Weisungen beherzigten, taktisch deutlich disziplinierter spielten und sich wesentlich mehr wehrten. Wortmann: »Großes Kompliment, dass wir uns da nicht haben abschlachten lassen«.
Konsequenzen aus dem Misserfolg sind (noch) nicht zu befürchten. Die Botschaft von Vorstandsseite an die Protagonisten ist eindeutig. »Ruhe bewahren, Nervenstärke beweisen«, appelliert Dirk Starke an das Team. »Wer zuerst die Nerven verliert, hat verloren«. Gleichwohl sei der September der »Monat der Wahrheit. Wir haben inklusive Westfalenpokal vier Heimspiele, unterbrochen nur vom leichtesten Spiel der Saison in Gütersloh. Ehe die nicht gespielt worden sind, werde ich mich nicht zu irgendwelchen Äußerungen hinsichtlich einer Zwischenbilanz hinreißen lassen«.
Trotz aller Sorgen bleibt Holger Wortmann »unaufgeregt. Weil ich weiß, was die Mannschaft kann«. Und deshalb wollen Sven und Moning und er den VfB Fichte vor dem brisanten Ortsderby gegen den DSC Arminia II (So., 18 Uhr, Rußheide), einem Gegner »auf Augenhöhe, stark reden«. Mit ihrem ersten Dreier könnten die Rußheide-Mannen den DSC überflügeln. Wortmann hofft, dass die Trendwende gegen seinen früheren Klub eingeleitet werden kann. »Mit jedem Spiel, das wir nicht gewinnen, geht Selbstvertrauen flöten«.
Und wenn der Knoten platzt, »dann auch richtig. Dann können wir eine Serie hinlegen«, wagt der Coach eine mutige Prognose, die er so erläutert: »Wir haben mit Belombo, Arlet, Mainka und anderen durch die Bank Spielertypen, die zwingend abhängig sind von einem Erfolgserlebnis«.

Artikel vom 06.09.2005