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Rassenfrage in der Debatte

Die Sorgen um eine gesellschaftliche Spaltung wachsen

Schwarze sind von den Auswirkungen des Hurrikans besonders betroffen.

Washington (dpa). Sie sind zunehmend erschöpft, hungrig, schmutzig und wütend. Und sie sind schwarz, fast alle - der kleine Junge im roten T-Shirt, dem eine Träne aus den große traurigen Augen kullert, die übergewichtige Frau mit dem verzweifelten Gesicht und dem Kleinkind am Rockzipfel, der Mann mit den wirren Haaren, der am Kongresszentrum in New Orleans seine Fäuste in Richtung Fernsehkameras schüttelt. Schwarz sind auch fast alle der Plünderer, die seit Tagen die Läden in der Jazzmetropole ausräumen, und jene, die in Biloxi die Mülleimer nach etwas Essbarem durchwühlen - »wie die Tiere«, beschrieb es ein Fernsehkommentator.
Seine Worte blieben nicht ohne Reaktion. »Hätte er es so formuliert, wenn es Weiße gewesen wären?«, fragte empört ein Radio-Talkmaster. Er ist schwarz. Im TV-Sender CNN weist ein Kritiker auf zwei in Zeitungen veröffentlichte Fotos hin, die Menschen beladen mit Plastiktüten zeigen. Die einen sind weiß, und in der Bildunterschrift heißt es, die Betreffenden hätten Nahrung gefunden. Die anderen sind schwarz, und »haben geplündert«. »Wenn das nicht rassistisch ist, dann weiß ich nicht, was das ist«, sagt der Kritiker. Er ist schwarz.
Schwarz oder weiß, arm oder reich - nach Bildern des Elends und wachsender Kritik an der langsamen Washingtoner Reaktion ist ein neues Element in die öffentliche Debatte gekommen: Fragen der Rasse und der sozialen Klasse. So stark ist dies mittlerweile in den Vordergrund gerückt, dass manche sich zu sorgen beginnen, dass »Katrina« auch noch eine gesellschaftliche Spaltung in den USA bringt.

Artikel vom 05.09.2005