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Die Pianistin und ihr Klon-Kind

Franka Potente mit großer Überzeugungskraft in einer Doppelrolle

Von Monica Brauen
arte, 20.40 Uhr:Ê Als rothaarige »Lola« machte sie ihr damaliger Lebensgefährte, der Regisseur Tom Tykwer, 1998 zum Weltstar. Sie hat an der Seite von Johnny Depp und Matt Damon in Hollywood gedreht.
Franka Potente als Siri Sellin, Tochter der erfolgreichen Pianistin Iris Sellin. Foto: WDR

Den Kontakt zu ihrer westfälischen Heimat hat Franka Potente aber nicht verloren. Im Gegenteil: Im Jahr 2003 drehte die 31jährige unter der Regie Rolf Schübels in und um Münster den Kinofilm Blueprint fast direkt vor der Haustür ihrer Eltern, die noch immer in Dülmen wohnen. arte zeigte den Streifen heute in einer deutschen Erstausstrahlung.
Franka Potente spielt darin mit großer Überzeugungskraft eine Doppelrolle - Mutter und Tochter: Die berühmte Pianistin Iris (Potente) erkrankt an Multipler Sklerose. Um ihr musikalisches Temperament unsterblich zu machen, entscheidet sie sich, ein Kind mit identischen Erbanlagen in die Welt zu setzen. Streng geheim wagt sie das Klon-Experiment mit Hilfe des Wissenschaftlers Fischer (Ulrich Thomsen). Alles gelingt: Ihre Tochter Siri (Iris rückwärts gelesen) entwickelt sich spiegelbildlich. Doch auf dem Höhepunkt der jungen Musiker-Karriere tritt Fischer mit der Wahrheit an die Öffentlichkeit. . .
Ein aufwändiger, ein schöner, wenn auch bedrückender Film. Aber wie waren denn die Dreharbeiten in der westfälische Heimat für den Weltstar? »Zu meinen Eltern nach Dülmen habe ich es leider nur einmal geschafft«, erinnert sich Potente an die anstrengenden Aufgabe. »Wenn ich arbeite, stecke ich so in dem Projekt, dass ich mich abschotte, kaum etwas vom Leben drumherum wahrnehme.« Dennoch: »Weil der Dreh so dicht am Elternhaus lag, waren ständig Oma, Opa, Onkel, Tane und Vater am Set. Meine Mutter hat sogar meine Wäsche gewaschen.«
Heute lebt die gefragte Schauspielerin zwar nicht mehr in Los Angeles, sondern wieder in Berlin. Aber mehr Zeit für Ihre Eltern hat sie deshalb nicht: Gerade abgedreht ist der Part in Oskar Roehlers Kino-Adaption des Bestsellers »Elementarteilchen« von Michel Houellebecq, da ruft schon wieder Hollywood: Star-Regisseur Steven Soderbergh (»Traffic«, »Erin Bronkovich«) hat sie für sein neues Werk engagiert. In »Che«, der Biografie des legendären Freitheitskämpfers, ist sie in der Rolle der Tamara Bunke zu sehen. Nach der Frau, die 1967 als Mitglied einer von Che Guevara angeführten Guerillagruppe im bolivianischen Dschungel fiel, wurden Schulen, Kollektive und sogar eine NVA-Kompanie benannt.
Franka Potente setzt aber nicht nur auf Schauspiel, sondern will sich auch als Regisseurin einen Namen machen: Ihr erstes Werk ist bereits abgedreht. »Der die Tollkirsche ausgräbt« heißt es und ist ein durch und durch gewagtes Projekt: Gedreht wie ein Stummfilm aus den 20er Jahren, verzichtet Potente auf Farbe, jegliche Kamerabewegungen und elegante Blenden. »Etwas sagen, heißt längst nicht mehr, dass es auch etwas bedeutet«, sagt die Jung-Regisseurin und vertraut ganz auf das Spiel ihrer Akteure. Produzent Stefan Arndt will das etwa 30minütige Werk 2006 in die Kinos bringen.

Artikel vom 05.09.2005