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»Vorstellungen
aus dem Tollhaus«

Ärztepräsident Hoppe in der Kritik

Berlin (dpa). Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe ist am Wochenende mit seiner Forderung, den Patienten Medikamente nur noch bei gesunder Lebensweise zu erstatten, auf scharfen Protest gestoßen.
Jörg-Dietrich Hoppe: »Arzneikostenerstattung nur bei gesundem Leben.«
»Wir lehnen diesen Vorschlag entschieden ab«, sagte der Vorstandschef der Barmer Ersatzkasse, Eckart Fiedler. Ähnlich äußerten sich der Verband der Krankenversicherten Deutschlands und SPD- Präsidiumsmitglied Andrea Nahles.
Der Vorsitzende der mit 7,2 Millionen Versicherten größten gesetzlichen Krankenkasse Deutschlands, Fiedler, sagte: »Notwendige Lösungen für eine verfehlte Arzneimittel-Politik dürfen nicht zulasten der Patienten gehen.« Ähnlich urteilte der Präsident des Krankenversicherten-Verbandes, Heinz Windisch: »Das ist eine Unverschämtheit! Die Forderung Hoppes ist eine Pauschalverurteilung aller Patienten!« Schließlich gebe es viele Menschen, die sich auf eine gesunde Lebensweise umgestellt hätten und trotzdem Medikamente brauchten, sagte er.
Nahles nannte Hoppes Forderungen absurd. »Er fordert nicht weniger als eine Gesundheitspolizei, die den Leuten in die Kochtöpfe schaut und ihren Lebenswandel kontrolliert.« Demnächst wolle er noch den Karneval und das Oktoberfest abschaffen. »Was Hoppe da verbreitet, sind Vorstellungen aus dem medizinischen Tollhaus«, sagte die SPD-Linke.
Nach den Vorstellungen Hoppes sollen jene Patienten, die ihre Krankheit auch durch Änderung der Lebensgewohnheiten in den Griff bekommen könnten, ihre Medikamente künftig selbst bezahlen. Manche schluckten aus Bequemlichkeit zum Beispiel Pillen gegen Bluthochdruck statt ihr Leben umzustellen. Die Kostenübernahme von Medikamenten durch die Kassen sei dann nicht gerechtfertigt.
Ärzteverbände und Krankenkassen wollen morgen einen neuen Anlauf unternehmen, um die Kostenexplosion bei Arzneimitteln zu stoppen. 2005 wird ein Ausgabenschub gegenüber dem Vorjahr um bis zu 20 Prozent auf etwa 25 Milliarden Euro befürchtet.

Artikel vom 05.09.2005