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Babybrei bringt
Humana in
Erklärungsnot

Soja in »sojafreiem« Produkt?

Von Christian Althoff
Herford (WB). 22 Monate, nachdem der Skandal um möglicherweise tödliche Babynahrung den Herforder Hersteller Humana erschüttert hat, gerät das Unternehmen erneut in Erklärungsnot. Kontrolleure haben in einem Brei Soja entdeckt, obwohl das Produkt nach Hersteller-Angaben diesen Rohstoff nicht enthält. Kinder reagieren gelegentlich allergisch auf Soja.

Kontrolleure des Thüringer Landesamtes für Lebensmittelsicherheit hatten in der vergangenen Woche in ihrem Labor in Bad Langensalza zehn Proben »Humana Bananen-Milchbrei« untersucht, die sie im Einzelhandel gekauft hatten. »In sieben Proben war gentechnisch verändertes Soja enthalten. In zwei Fällen davon wurden mehr als 0,9 Prozent Gen-Soja im Gesamtsojaanteil nachgewiesen. Deshalb hätte der Brei mit dem Hinweis auf gentechnisch verändertes Soja gekennzeichnet werden müssen«, sagte gestern Thomas Schulz, Sprecher des thüringischen Gesundheitsministeriums. Er stellte klar, dass Gen-Soja keine Gesundheitsgefahr darstelle, die entsprechende Deklarierung des Breis aber gesetzlich vorgeschrieben sei. Die Kontrolleure hatten daraufhin das NRW-Gesundheitsministerium informiert, das am Mittwoch Rückstellproben aus dem Humana-Werk untersuchen ließ. Dabei wurde kein gentechnisch verändertes Soja entdeckt.
Humana bestreitet nicht nur, Gen-Soja verwendet zu haben, sondern behauptet, dass der Bananenbrei überhaupt kein Soja enthält: »Wir setzen in diesem Produkt keine Soja-Rohstoffe ein. Deshalb ist Soja auch nicht in der Zutatenliste aufgeführt«, schrieb am Freitag Humana-Sprecherin Inga Schaumann in einer Presseerklärung. Das Unternehmen kündigte außerdem an, wegen falscher Laboruntersuchungen Schadensersatzansprüche gegen das Land Thüringen zu prüfen.
Eine leitende Wissenschaftlerin der thüringer Lebensmittelüberwachung erklärte dagegen gestern, die Daten seien »hieb- und stichfest«: »Die sind mehrfach geprüft worden, an der Existenz des Gen-Sojas gibt es keinen Zweifel«, sagte sie dem WESTFALEN-BLATT. Die Analytik sei bundesweit genormt und ein Fehler auszuschließen.
Thomas Schulz meinte, möglicherweise habe ein Zulieferer Rohstoffe mit gentechnisch verändertem Soja an Humana geliefert, ohne dass dies dort aufgefallen sei. Bei der Untersuchung der zehn Proben in Thüringen habe man eine große Bandbreite der Sojawerte festgestellt: »Deshalb ist es durchaus möglich, dass in den Rückstellproben des Herstellers kein Gen-Soja nachweisbar war.«
Im November 2003 hatte Humana zunächst behauptet, einwandfreie Babynahrung nach Israel exportiert zu haben. Später musste das Unternehmen einräumen, dass das Produkt zu wenig Vitamin B 1 enthalten hat. Nachdem in Israel zwei Säuglinge angeblich an den Folgen der Vitaminunterversorgung gestorben waren, ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld seit annährend zwei Jahren gegen vier frühere Humana-Mitarbeiter.
Humana lehnt trotz mehrfacher Nachfrage seit Freitagmorgen ein Gespräch zu dem aktuellen Fall ab.

Artikel vom 05.09.2005