03.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Ich zahle hier 43 Euro im Jahr und keinen Cent mehr«, sagt Aydine Zelra aus der Windflöte.

»Beutelschneiderei« und »heiße Nadel«

Anhebung der Grabelandpachten stößt in Bezirksvertretungen auf geballte Ablehnung

Brackwede/Senne/Sennestadt (oh/pss). Das Thema Grabelandpachten (siehe untenstehende ErKlärung) führt derzeit in den Bezirksvertretungen zu ablehnenden Diskussionen. Egal ob in Senne, Sennestadt oder Brackwede: Die Bezirksvertreter tun sich schwer mit dem Thema, schieben es erst einmal vor sich her, weil sie noch »Beratungsbedarf« haben.
Einig wie selten waren sich Sennes Bezirksvertreter. Quer durch allen Parteinen lehnten die Politikern die von der Verwaltung vorgesehene Anpassung der Pachten in ihrer jüngsten Sitzung ab, einigten sich auf eine Rückstellung der Vorlage. Insgesamt vier Grabelandflächen gibt es in Senne - am Fingerhutweg (vier Pächter), an der Klashofstraße (zwei Pächter), an der Lippstädter Straße (ein Pächter) und am Nelkenweg (60 Pächter).
Als »unausgegorene Vorlage«, als einen »Zickzackkurs«, bezeichnete Lothar Pollmann (CDU) die Beschlussvorlage, über die eingentlich entschieden werden sollte. Allerdings hatte Karin Schrader (SPD) schon zu Beginn des Tagesordnungspunktes beantragt, die Verwaltungsvorlage zurückzuziehen, da es in ihrer Fraktion noch Beratungsbedarf gebe.
Diesem Vorschlag schlossen sich die anderen Senner Bezirksvertreter an - nicht ohne zuvor jedoch ausgiebig über das Thema diskutiert zu haben und sich an den einzelnen Posten, die zu einer erheblichen Pachtsteigerung führen würden, zu reiben.
Es könne nicht sein, dass die Stadt die Kapitalkosten für angekaufte Flächen bei den Grabeland-Pächtern einfordere, meinte Pollmann. Und auch Friedhelm Bolte (FDP) »stießen genau diese Kapitalkosten sowie die umgelegten Gehälter der Mitarbeiter sauer auf«. Bolte: »Wir müssen an den Preisen etwas tun - aber nicht das, was uns hier vorgelegt wird.«
Einem Pachtzins von 40 oder sogar 60 Cent pro Quadratmeter und Jahr könne man durchaus folgen, so Pollmann. Aber über den Rest müsse diskutiert werden. Heiko Rohde (Bündnis 90/Die Grünen) warf noch eine andere Komponente in die Waagschale. »Grabeland heißt auch Integration und habe besonders im Ortsteil Windflöte am Nelkenweg eine soziale Funktion«, betonte er.
Als »Beutelschneiderei« bezeichnete Dr. Bernd Brunemeier (SPD) in der Brackweder Bezirksvertretersitzung am Donnerstag die stufenweise Anpassung der Grabelandpachten. Und auch seine Politikerkollegen der anderen Fraktionen lehnten den Verwaltungsvorschlag rundweg ab. Gefordert wird jetzt eine »neu gestrickte Vorlage der Verwaltung«.
Einer der Hauptkritikpunkte in Brackwede, wo es insgesamt fünf Flächen dieser Art gibt: die Umlegung der Kapital- und Verwaltungskosten. Andererseits würde nicht berücksichtigt, so Brunemeier, dass Grabeländer auf städtischen Flächen tätig sind, die sonst von der Stadt sauber gehalten werden müssten. In der Vorlage seien jedoch die Kosten nicht eingerechnet, die die Stadt für Pflege und Erhalt dieser Flächen aufwenden müsste - wenn es die Grabeländer nicht gäbe.
CDU-Fraktionssprecher Herbert Braß fragte zudem nach, ob es eine rechtlich zwingende Grundlage dafür gebe, dass die Grabeländer mit Kapital- und Verwaltungskosten belastet würden. Er könne diese Berechnung nämlich nicht nachvollziehen.
Die Antwort von Rainer Müller (Immobilienservicebetrieb) gab zu denken: Man müsse mit diesen Kosten nicht zwingend die Grabeländer belasten. Eine Aussage, die Herbert Braß zu dem Fazit veranlasste: Wenn die Stadt ein Interesse am Vorhalten dieser derzeit als Grabeland genutzten Flächen habe, dann sollte sie auch einen eigenen Anteil an den Kosten übernehmen. »Sonst muss sie die Flächen wieder verkaufen«, so der CDU-Fraktionssprecher.
Nach ähnlichem Muster verlief auch die Diskussion in Sennestadt. Auch dort wurde weiterer Beratungsbedarf angemeldet, die Vorlage als »mit heißer Nadel gestrickt« zurückgewiesen und heftige Kritik an den angesetzten Kapitalkosten geübt. Ein Beschluss wurde abgelehnt, der Tagesordnungspunkt als »erste Lesung« betrachtet (siehe Kommentar).

Artikel vom 03.09.2005