03.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Vollendete Tatsachen


Zur Berichterstattung über die Fällung der Eiche in der Dorfstrasse in Jöllenbeck ging folgende Zuschrift ein:

Da stand sie, mehr als zweihundert Jahre. Sie lebte mit und überlebte Generationen von Jöllenbeckern, »sah« von weitem den Bau der ev. Kirche, »überwachte« den Bau des Waisenhauses und »feierte« die Einweihung des Adlerdenkmals mit.
Für ihre Verdienste wurde sie mit der Aufnahme in die Liste der Naturdenkmäler geehrt und erhielt in Abständen Untersuchungen und Pflege durch den Baumdoktor. Dieser bestätigte noch vor drei Jahren trotz einer »Teilprothese« Vitalität und Standfestigkeit. Ihr neuer Besitzer missbrauchte sie noch auf dem Papier als schmückendes Element in einer Seniorenwohnanlage wohl wissend, dass sie der verdichteten Bebauung im Wege steht.
Und nun beginnt das böse Spiel. Selbst keinen Mut das zuzugeben, bestellt man einen Gutachter. Dieser fertigt ein Schalltomogramm an. Um die Dramatik des Handlungsbedarfs zu unterstreichen, werden die noch vor drei Jahren von einem anderen Gutachter für tragfähig befundenen Schichten rot gefärbt. ROT verfehlt die Wirkung nie! Auch nicht bei sämtlichen Bezirksvertretern. Andächtig bewundernd, der BWG und dem Gutachter dankend, so »selbstlos«, uns alle vor drohenden Schäden zu bewahren, bejahen sie die Beseitigung unseres Naturdenkmals. Nicht einer fragt, warum man nicht den vor drei Jahren befassten Gutachter beauftragt hat. Keiner fragt, nach einem derartigen Aktionismus innerhalb acht Tagen. Am 25. August tritt der Gutachter in Aktion, am 1. September ist Bezirksvertretersitzung, und in dieser Nacht können alle Bezirksvertreter nicht ruhig schlafen, wenn nicht in der Frühe des 2. September die Eiche gefällt wird. Selbstredend in dieser Angelegenheit ist, dass die Verwaltung in allerkürzester Zeit bereits die Fällungsgenehmigung erteilt hat.
Das stinkt!
Vollendete Tatsachen schaffen - damit haben wir in Jöllenbeck Erfahrung. Erinnern wir uns: »Umfall der Traditionsmauer« beim Bauvorhaben Plüschweberei Horstheide. Verfall der Shetdachfront beim Bauvorhaben Alte Weberei/Alcina.
Wohlgemerkt, die Wahrung der Verkehrssicherungspflicht ist eine Seite. Jeden Verdacht im Vorfeld auszuräumen, sich über Gutachterbestellung und Behördenkurzschluss wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen, ist eine andere.
Gerade bei einem angeblich derartig dramatischen Befund wäre es angezeigt gewesen, eine zweite Meinung zu hören, um jeden Zweifel beim zuschauenden Bürger auszuräumen. Nun bleibt abermals die Feststellung: »Die« machen doch sowieso was sie wollen. Schade!!
Hermann SötebierBielefeld

Artikel vom 03.09.2005