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Von Michael Schläger

Bielefelder Optik

Marterstrecke


Das war wohl nichts. Einen ausgeklügelten Plan hat sich das Amt für Verkehr ausgedacht, um im März 2006 mit der Umgestaltung der maroden Detmolder Straße beginnen zu können. Umleitungen sind vorgesehen, eine Sanierung der Straße in drei Etappen. Die Belange von Anwohnern, Autofahrern und Stadtbahnnutzern wurden gleichermaßen berücksichtigt. Aber jetzt können diese Überlegungen erst einmal wieder in der Schublade verschwinden. Einen Planfeststellungsbeschluss wird es in diesem Jahr nicht mehr geben. Und damit keine Zuschüsse für das 26-Millionen-Projekt im nächsten. Und eben auch keinen Baubeginn.
Zu komplex sei das Verfahren, um rasch einen Planfeststellungsbeschluss herbeiführen zu können, meint das Land. Zu groß ist wohl auch die Angst, das gesamte Vorhaben könnte von den Gegnern des vierspurigen Ausbaus noch auf gerichtlichem Wege gestoppt werden.
So werden weiter Laster über den löchrigen Asphalt brettern, muss weiter Flickschusterei auf der wichtigen Ausfallstraße betrieben werden. Auch das nächtliche Tempo 30 kann nicht verhindern, dass die Straße für Anwohner und Nutzer gleichermaßen eine Marterstrecke bleibt.
Der Schwebezustand kann letztlich weder im Sinne der Befürworter der Umgestaltung noch im Sinne der Gegner sein. Er ist aber ein Paradebeispiel dafür, wo es in unserem Zusammenleben hakt.
Die Globalisierung und die demographische Entwicklung seien die großen Herausforderungen der Zukunft, sagen uns die Politiker immer wieder. Recht mögen sie damit haben. Aber manchmal liegen die großen Herausforderungen auch vor der eigenen Haustür. Warum ist es hierzulande nicht möglich, eine Straßenplanung in einem vernünftigen Zeitrahmen abzuwickeln? Warum kann der Ausgleich zwischen Planungs- und abweichenden Bürgerinteressen einschließlich einer vielleicht erforderlichen juristischen Würdigung nicht in ein, zwei Jahren über die Bühne gehen? Wie ist es möglich, dass sich bei uns alle so herrlich gegenseitig blockieren können?
Sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, sollte für die Politiker mindestens ebenso oben an stehen wie Globalisierung und Bevölkerungsentwicklung. Wird das Planungsrecht nicht endlich entrümpelt, geht ein Stück »Zukunftsfähigkeit« verloren. Auch ein Wort, das die Politiker nur allzu gern im Mund führen.

Artikel vom 03.09.2005