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Große Parteien mauern
bei den Wahlkampfkosten

40 000 Plakate in Ostwestfalen-Lippe - 4000 Mitglieder im Einsatz

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). In Ostwestfalen-Lippe werben 40 000 Plakate für die Bundestagswahl am 18. September. 4000 Mitglieder von acht Parteien mit eigenen Kandidaten wirken aktiv am Wahlkampf mit.

So offen die Parteien ihre Kandidaten und Programme feilbieten, so ungern lassen sie die Öffentlichkeit und damit den politischen Gegner mehr über Strategien und Kosten wissen. Nach eigenen Angaben lassen sich die Grünen in Ostwestfalen-Lippe (1500 Mitglieder) Plakate, Handzettel und Werbepost 140 000 Euro kosten.
Die personell ähnliche starke FDP (2043 Mitglieder) gibt dagegen an, mit 42 000 Euro auskommen zu müssen. SPD-Bezirksgeschäftsführer Rainer Brinkmann nennt 100 000 Euro als Gesamteinsatz in der Region, was sein CDU-Kollege Arnold Hildebrand prompt für stark untertrieben hält. Der Unionsmann mit Sitz in Bielefeld kann dafür aber gar keine Gesamtkosten für Ostwestfalen-Lippe beziffern. Allerdings nennt Hildebrand andere Zahlen: Allein der CDU-Kreisverband Bielefeld kalkuliert mit knapp 50 000 Euro. Dennoch könne man sich im Gegensatz zu den örtlichen Sozialdemokraten keine eigenen Großplakate leisten.
Ein einziges Großflächenplakat kostet mit der ersten Beklebung 380 Euro Miete. Will ein Direktkandidat in einer Reihe und auf Augenhöhe neben den Großflächen von Angela Merkel und Gerhard Schröder um Stimmen werben, muss er weitere 7000 Euro aufbringen. Soviel kostet das Fotografieren und Drucken von mehreren Dutzend Riesen-Konterfeis für den eigenen Wahlkreis. Die meisten Großplakate werden von den Parteizentralen in Berlin mit den Köpfen von Schröder, Merkel, Westerwelle, Fischer und Co. sowohl aufgestellt als auch bezahlt.
Allein die vier im Bundestag als Fraktion vertretenen Parteien mobilisieren in der Region 3600 Aktive. Sie sind die eigentliche Stütze der Direktkandidaten in den sieben Wahlkreisen. Die 28 Direktkandidaten allein dieser vier Parteien absolvieren zusammen 2665 Auftritte, Hausbesuche, Diskussionsveranstaltungen und Frühschoppen bis zum 18. September.
Daneben stellen in OWL noch folgende Parteien Direktkandidaten: Die Linke (alle 7 Wahlkreise), NPD (6 Wahlkreise), Bibeltreue Christen (3), Familienpartei (3). Der Wahlkampfeinsatz dieser Parteien und aller anderen, die nur mit einer Landesliste antreten, ist unterschiedlich und regional stark gestaffelt.
Bundesweit kostet der kurze Wahlkampf die Parteien voraussichtlich 60 Millionen Euro - und damit nicht wesentlich weniger als der »normale« Wahlkampf 2002. Damals lagen die Kosten bei gut 68 Millionen Euro.
Die Bundes-CDU gibt diesmal voraussichtlich 18 Millionen Euro aus, die CSU 5 Millionen. Die SPD lässt sich das Werben um Wählerstimmen 27,5 Millionen Euro kosten und kann nur bei mindestens 35 Prozent auf die Erstattung aller Kosten hoffen. Die Grünen investieren 3,8 Millionen Euro, die FDP gibt 3,5 Millionen Euro aus und die Linkspartei 4 Millionen.
Gedeckt werden die Ausgaben aus Spenden der Mitglieder, von wenigen externen Großspendern und aus dem Parteivermögen, aber auch mit Hilfe von Zuschüssen nach dem Parteiengesetz. Für die ersten vier Millionen Listenstimmen gibt es jährlich 85 Cent und für jede weitere 70 Cent. Voraussetzung ist ein Stimmenanteil von mindestens 0,5 Prozent.
70 Cent für jede abgegebene gültige Stimme bekommen Parteien, wenn in dem Land keine Liste für diese Partei zugelassen war. Voraussetzung ist dabei ein Stimmenanteil von mindestens zehn Prozent. Für Einzelbewerber gelten besondere Bestimmungen.
Darüber hinaus steht Parteien ein jährlicher Zuschuss von 38 Cent pro Euro zu, den sie an Mitgliedsbeiträgen und Spenden eingenommen haben. Die Obergrenze der staatlichen Zuwendungen für alle Parteien zusammen liegt bei 133 Millionen Euro pro Jahr.

Artikel vom 02.09.2005