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Kochendheiße Luft aus
der kanadischen Provinz

»Hot Hot Heat« mit heißem Punk-Rock im Lokschuppen

Bielefeld (Rga). Mit Stil, Charme und einem Sänger, der wie elektrisch aufgeladen den wild umherzappelnden Derwisch markiert - so präsentierten »Hot Hot Heat« ihren vom 80er New-Wave geprägten Sound mit unwiderstehlicher Punk-Attitüde dem dankbaren Publikum im Ringlokschuppen.

Dreckige Rockmusik oder, anders gesagt, Garage Rock, erlebt seit geraumer Zeit eine wahre Renaissance. Viele der zahlreichen, neuen Rock-Helden kommen aus dem United Kingdom. »England brennt» lautete folgerichtig vor wenigen Monaten der Slogan einer großen deutschen Musikzeitschrift. Was nicht heißt, dass großartiger, schmutziger Garagen-Rock nicht auch aus dem Land der Elche, aus Kanada, mitunter auch aus einem eher langweiligen Rentner- und Touristenparadies wie Victoria auf Vancouver Island kommen kann.
Im Falle von »Hot Hot Heat« lassen sich jedoch Bezüge zu einem anderen Mekka des Rock, zu Seattle, herstellen. Immerhin entpuppte sich der Platten-Deal mit dem Ex-Label von Nirwana und Mudhoney, mit »Sub Pop« also, als Wendepunkt der Band hin zu einer stilistischen Neuorientierung. »Hot Hot Heat«, die bereits einige Live-Erfahrung gesammelt hatten, machten es sich mehr und mehr zur Maxime, den Live-Sound auf Platte zu konservieren, dabei jedoch immer stärker zu experimentieren, um sich so musikalisch weiter zu entwickeln.
Das Produkt dieses Bestrebens konnten »Hot Hot Heat« an diesem Abend eindrucksvoll unter Beweis stellen. Die kanadischen Newcomer verknüpften kreative und vielseitige Rock-Songs mit herrlich frischen Pop-Melodien. Insbesondere Sänger und Keyboarder Steve Bays, der dermaßen elektrisierend über die Bühne zappelte, dass unweigerlich der Funke ins Publikum überspringen musste, drückte den Songs an diesem Abend eindrucksvoll seinen Stempel auf. Begeisterungsstürme und ausgelassenes Rock-Gebaren waren die Folgen, mit denen die Menge auf die kraftvolle Darbietung von »Hot Hot Heat« reagierte.
Songs wie »Island of the honest Man« und »Goodnight Goodnight« vom aktuellen Album »Elevator« hinterließen in den Gehörgängen des nicht ganz prall gefüllten Lokschuppens zweifelsohne einen bleibenden Eindruck. Das, was »Hot Hot Heat« jedoch mitunter fehlte, war die eine oder andere große Rock-Hymne, die eine Band erst zu einer der ganz großen im Pop-Geschäft macht. Dies unterscheidet die Kanadier von Bands wie »Mando Diao«, »Maximo Park« und auch »Bloc Party«, die einfach eine Spur besser, und somit auch erfolgreicher sind.
»Hot Hot Heat« erfüllten dank eines Sängers, der mit einer ordentlichen Portion Ausstrahlung und Charisma in der Stimme, ausgestattet ist, und den übrigen Band-Mitgliedern, die den dazu passenden satten Sound lieferten, dennoch alle Mindestanforderungen an ein gutes Rockkonzert.

Artikel vom 02.09.2005