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Wenn die Kundschaft selbst kassiert

Automaten auf dem Vorscharsch - Real-Markt rüstet auf - auch Marktkauf setzt auf SB-Kasse

Von Gerhard Hülsegge
und Bernhard Pierel (Foto)
Bielefeld (WB). Die Kassiererin im Warenhaus wird in Bielefeld zur seltenen Spezies. Nach Einführung der Selbstbedienungskasse im Real-Markt (wir berichteten) will jetzt auch der Marktkauf die Geräte ausprobieren. Langfristig dürften nicht nur einzelne Produkte von den Kunden durch den Scanner geschoben werden, sondern sogar der komplette Warenkorb.

»Wir werden das System wahrscheinlich schon im nächsten Jahr in einem unserer Märkte testen«, erklärte Pressesprecher Rainer Diermann gestern gegenüber dem WESTFALEN-BLATT. Hintergrund sei neben der Chance zur Personaleinsparung auch ein anderer Aspekt: »Es geht schneller für den Kunden«. Würden, wie technisch inzwischen möglich, eines Tages alle Preise auf einen Schlag erfasst, lasse sich noch mehr Zeit einsparen.
Scannen, eintüten, abrechnen - dieses System des »Fast Lane« (Einkaufen auf der »Überholspur«) wird im Real-Mark an der Teutoburger Straße bereits seit längerem praktiziert. Vier Selbstbedienungskassen werden von einer Verkäuferin beaufsichtigt. »Ein Ausbau ist nicht geplant«, sagte Geschäftsleiter André Szelat. Insgesamt habe das System auf jeden Fall »sehr gut funktioniert«.
Neu bestückt wurde zu Wochenbeginn der Real-Markt an der Gütersloher Straße in Brackwede. Hier können die Kunden seit vergangenen Montag an der neuen Generation der SB-Kassen einkaufen. Die Neuheit: Bezahlt werden kann hier nicht nur mit der EC-Karte, sondern auch mit Euro und Cent am Bargeld-Modul. Im Real an der Schweriner Straße kommt weiter vorerst niemand an der Kassiererin vorbei.
Deutschlandweit sollen am Jahresende rund 200 SB-Kassen in 50 Real- und Extra-Märkten stehen. Der Baumarkt Praktiker startete einen Probelauf in zwei Saarbrücker Märkten - Bielefeld ist noch außen vor. Auch Bekleidungshäuser springen auf den Zug auf. Peek & Cloppenburg beispielsweise testet seit dem Frühjahr zehn »Selbstzahlerterminals« in Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und Berlin. Bielefeld steht laut Geschäftsführerin Claudia Rieger zur »Hamburger Gruppe« und daher nicht auf der Liste.
Während die Einzelhändler von mehr Kundenfreundlichkeit sprechen und die SB-Terminals als Ergänzung zu den herkömmlichen Kassen verstehen, fürchten die Gewerkschaften eine Welle der Arbeitsplatzvernichtung. Technischer Rückschritt, das wiederum wissen Volkswirtschaftler, war noch nie ein effektives Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Deshalb hat der Verbraucher auch noch die Wahl, ob er die Toilettenrolle lieber auf das Band der Kassiererin legen oder den »Flachmann« unerkannt abrechnen möchte.

Artikel vom 01.09.2005