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Von Elfen und Halbriesen
»Dungeon Siege II«: geradliniges Action-Rollenspiel auf Diablos Spuren
Jeder Flügelschlag des gewaltigen Drachen erschüttert die Söldner bis ins Mark, die Reise in den Klauen des Ungetüms gerät für die Männer immer mehr zur Tortur. Dann schlägt das hölzerne Gefährt mit einem dumpfen Schlag auf dem Strand auf, und eine stählerne Woge aus schwer bewaffneten Kriegern ergießt sich über den Sand. Der Morden-Feldweber lässt die Menschen seine Verachtung spüren, während er ihnen ihre Aufgabe zuweist...Gleich zu Beginn des Abenteuers wird deutlich: Die Entwickler haben sich die Kritik der Spieler zu Herzen genommen und die actionreichen Kämpfe von »Dungeon Siege II« in eine spannende Geschichte eingebunden.
Also: die Kettenhemde übergestreift und das Schwert geschärft. Microsoft Game Studios und Gas Powered Games haben eine Fortsetzung zu Chris Taylors erfolgreichem Action-Rollenspiel geschaffen, die alle Stärken des Vorgängers hat - ohne seine Schwächen. Der PC-Spieler kann für etwa 45 Euro abermals in das Fantasy-Reich von Aranna reisen.
»Dungeon Siege II« verschlägt ihn dabei in ein von Bürgerkriegen verwüstetes Land. Dort führt der Spieler eine Abenteurergruppe von bis zu sechs Helden gegen einen bösartigen Herrscher ins Feld, der Aranna unterjochen will.
Am Anfang erschafft sich der Spieler seinen Helden: Menschen sind die flexibelste Rasse, Elfen begnadete Magier und Bogenschützen, die bärenstarken Halbriesen stürzen sich vorzugsweise mitten ins Getümmel, während Dryaden im Hintergrund bleiben und der Gruppe mit Heil- und Unterstützungszaubern helfen.
Trotz unterschiedlicher Startvoraussetzungen können sich Charaktere in alle Richtungen entwickeln: Der häufige Gebrauch von Bogen und Armbrust macht einen besseren Fernkämpfer mit großer Geschicklichkeit aus unserem Helden. Zückt er meist das Schwert, wird er zum Haudrauf mit vielen Stärkepunkten, schleudert er lieber Feuerbälle, ist ihm der Weg des Kampfmagiers vorgezeichnet, unterstützt er die Gruppe mit Heilzaubern und beschworenen Kreaturen, folgt er dem Pfad des Naturmagiers. Für besiegte Monster und erledigte Aufträge gibt's Punkte, die in besondere Fähigkeiten - wiederum in diesen vier Gruppen in komplexen Bäumen strukturiert - investiert werden können. Aus diesen resultieren sehr mächtige Heldenkräfte (Donnerschlag, Pfeilregen), die sich nach ihrem Einsatz erst wieder aufladen müssen.
Das Magiesystem ergänzen Gesänge, die einmal erlernt und in bestimmten Schreinen gesungen Eigenschaften wie Stärke zeitweise steigern.
Der Packesel im Vorgänger war nur der Anfang: Spieler können jetzt aus einer Vielzahl von außergewöhnlichen Kreaturen wählen. Jedes dieser Wesen besitzt spezielle Fertigkeiten. Und füttert man zum Beispiel den treu- en Grauen mit Waffen und Rüstungen, mutiert er zum wehrhaften »Kampfesel«.
Geändert hat Gas Powerred Games auch die Speicherung. Zwar darf der Spieler nach wie vor jederzeit speichern, nach dem Beenden des Spiels setzt er das Abenteuer allerdings in der zuletzt besuchten Stadt fort. Lange Wege erspart das Spiel der Heldengruppe: Zahlreiche Teleporter transportieren die Truppe ohne Zeitverlust.
Stirbt der letzte Held im Team, werden alle in der Stadt wiederbelebt; die Ausrüstung bleibt zurück, kann aber gegen Gebühr von den Magiern der Todesgilde herbeigerufen werden. Diablo lässt grüßen... Eine gut zusammengestellte Gruppe - zum Beispiel zwei schwer gepanzerte Recken, die aus dem Hintergrund von einem Kampf- und einem Naturmagier unterstützt werden - hält allerdings so schnell nichts auf. Die NPC kämpfen automatisch so gut, dass der Spieler nur selten eingreifen muss. Erst bei den recht schweren Bossgegnern ist Taktik gefragt.
Die etwas angestaubte SFX-Engine stellt unsere Helden recht kantig (wenig Polygome) dar: Von der sich verändernden Landschaft bis hin zu schillernden Effekten beim Einsatz von Zaubersprüchen schafft die Engine jedoch ein beeindruckendes Spielerlebnis. Neue, die Handlung vorantreibende Aufträge erzählen ein tiefgründiges Abenteuer. Die Geschichte lässt den Spieler vergessen, dass »Dungeon Siege II« eigentlich sehr linear abläuft - eine Einbahnstraße mit Abzweigungen (Nebenquest). Auch wenn einige Neuerungen aufgesetzt wirken, macht das Action-Adventure richtig Spaß - und das für mindestens 40 Stunden.
Außerdem bietet das Spiel einen ausgereiften, kooperativen Multiplayermodus. Spieler können ihren Lieblingscharakter mitnehmen, um online gemeinsam mit Freunden den Single-Player-Modus neu zu erleben.Thomas Lunk

Artikel vom 17.09.2005