01.09.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Rummenigge fürchtet
um die Fußball-Seele

Premiere will auch das freie Liga-Fernsehen verknappen

Hannover (dpa). Die Fußball-Fans müssen sich auch bei der Fußball-Bundesliga auf eine eingeschränkte und spätere TV- Berichterstattung im Free-TV einstellen. Einen Tag nach dem Erwerb sämtlicher Live-Rechte der Champions League sagte Premiere-Chef Georg Kofler: »Mir fällt kein Modell ein, bei dem für den Sport mehr erwirtschaftet werden kann.«
Werner Hackmann, Präsident des Ligaverbandes, sagte dazu: »Es ist alles vorstellbar.«
»Es ist noch zu früh, aber das ist eines von mehreren Modellen«, sagte Kofler und warb für die Pay- und Free-TV-Berichterstattung aus einer Hand: »Wir bieten das Modell mit den besten Erlöschancen.« Zu den immer lauter werdenden Forderungen der Topvereine nach höheren TV-Einnahmen erklärte er: »Wenn die Bundesliga weniger Geld will, kann sie das bisherige Modell weiterfahren. Aber alle wollen mehr Geld - und das geht nicht mit Steuern oder Zwangsgebühren.«
Premiere wird von 2006 an die Topbegegnungen der Champions League nur noch im Pay-TV zeigen und pro Spieltag eine der weniger attraktiven Partie in einem eigenen Free-TV-Sender. Erhielte Premiere ein ähnlich umfangreiches Paket von der Bundesliga mit den Rechten für Livespiele und die Zusammenfassung, wäre dies das Ende der jetzigen Sportschau.
Ziel von Premiere ist die Verknappung des Bundesliga-Angebotes im freien Fernsehen und eine spätere Ausstrahlung, um die Attraktivität seines Stammgeschäftes im Bezahlfernsehen zu steigern und so die Zahl von 3,3 Millionen Abonnenten zu erhöhen. Der eigene Free-TV-Kanal, den Kofler nun kaufen oder aufbauen will, wäre dazu der passende Hebel. Mit dem Erwerb des kompletten Paketes für seinen neuen Free-TV-Sender bekäme er den notwendigen Handlungsspielraum.
Bayern Münchens Vorstandschef Rummenigge kritisierte bereits das Champions-League-Modell: »Wir müssen aufpassen, dass wir die Seele des Fußballs nicht verkaufen.« Wenn das Top-Spiel des Spieltags nur im Pay-TV zu sehen sei, würden die Fans »in erpresserischer Weise zu Abonnements gezwungen«. Er forderte erneut eine Steigerung der Bundesliga-Einnahmen von 300 auf 500 Millionen, sprach sich aber gegen ein ähnliches Modell wie in der Königsklasse für die Liga aus: »So lange ich im Aufsichtsrat der DFL sitze, trage ich eine solche Entscheidung nicht mit.«
Wie die neuen Bundesliga-Pakete im Detail aussehen, ist derzeit noch offen. »Wir werden eine saubere Ausschreibung machen und dann weitersehen«, sagte Hackmann. Dass dann ein Unternehmen sowohl die Rechte für das Pay-TV als auch für das Free-TV erhalte, sei »durchaus denkbar.«
Der Poker um die Rechte hat aber schon begonnen. So erklärte ARD-Programmdirektor Günter Struve der »Sport-Bild«, dass sein Sender bereit sei, mehr Geld zu zahlen: «Sagen wir mal, es werden 20 Millionen Euro. Wenn wir 60 oder 65 Millionen zahlen müssten, haben wir das Spielgeld durch den Verzicht auf Uefa-Cup-Spiele.«

Artikel vom 01.09.2005