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Rot-grüner Protest
gegen Schulpolitik

Beer befürchtet Gettoisierung

Düsseldorf (dpa). Die SPD und die Grünen haben die Ankündigung der Landesregierung, die Grundschulbezirke aufzulösen, als historischen Einschnitt in der NRW-Schullandschaft bezeichnet.

»Von heute an geht es für die Grundschulen in Nordrhein-Westfalen um das Überleben«, sagte die Bildungsexpertin der Fraktion, Sigrid Beer aus Paderborn. SPD und Grüne befürchten eine soziale Spaltung in »Schulen für Arme und Schulen für Reiche«. Auch der Städte- und Gemeindebund fürchtet um die Chancengleichheit an den Schulen und hat sich gegen die Pläne ausgesprochen.
Die Landesregierung werde in enger Abstimmung mit den Kommunen dafür sorgen, dass es nicht zu einem unfairen Wettbewerb komme, versicherte Schulministerin Barbara Sommer (CDU) aus Bielefeld. »Da, wo Schule in einem besonders schwierigen Umfeld stattfindet, werden wir entsprechende Unterstützung durch zusätzliches Personal gewähren«, sagte CDU-Vizefraktionschef Bernhard Recker.
Sommer kündigte eine Überprüfung der Grundschuldichte an. Dies habe bereits der Landesrechnungshof nahe gelegt. »Wenn Eltern die Grundschule frei wählen können, erhalten wir Anhaltspunkte dafür, welche Schulen attraktiv sind und gute Arbeit leisten und welche nicht«, sagte sie.
Das Hauptproblem in den sozialen Brennpunkten liege aber in der mangelnden Sprachfähigkeit. Deshalb würden alle Kinder nun nach dem vierten Lebensjahr überprüft und bei Bedarf gefördert. »Wer nicht Deutsch sprechen kann, wird nicht eingeschult«, sagte Recker. »Diese Maßnahme wird ein Meilenstein sein, um Gettoisierung in der Schule zu vermeiden.«
Beer verwies auf schlechte Erfahrungen mit der Freigabe der Schulbezirke in benachbarten Ländern. Untersuchungen belegten, dass etwa im Rhein-Main-Gebiet oder in den Niederlanden eine soziale Gettoisierung die Folge gewesen sei. Die frühere Schulministerin Ute Schäfer (SPD) unterstrich die integrative Funktion der Grundschule, in der Kinder aus einer Nachbarschaft gemeinsam aufwachsen. Sommer legte auch neue Zahlen zum Unterrichtsausfall vor. Die fünf Millionen Unterrichtsstunden, die im Schuljahr 2004/2005 ausgefallen seien, entsprächen je nach Schulform 3,7 bis 6,8 Prozent der Stundentafel.

Artikel vom 02.09.2005