31.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ebbe in den Heizöltanks

Bürger kaufen nur zögernd nach - und zahlen Rekordpreise

Von Edgar Fels
Bielefeld/Essen (WB). Die Heizöltanks in deutschen Kellern sind so leer wie nie zuvor. Viele Verbraucher haben mit dem Nachfüllen gezögert und auf fallende Preise gehofft. Vergeblich.

Der Ölpreis steigt und steigt. Noch zu Jahresbeginn kosteten 100 Liter Heizöl im Schnitt 43 Euro. Heute sind für die gleiche Menge etwa 63 Euro fällig. Wer im Frühjahr auf fallende Preise in diesem Sommer spekuliert hatte, wurde kalt erwischt. Hausbesitzer dürften sich die Haare raufen. Nun, da viele Tanks nahezu leer sind, müssen sie wohl oder übel den höheren Preis berappen.
Die Gretchenfrage, die niemand beantworten kann, lautet: Steigt der Heizölpreis weiter? Oder lohnt es sich vielleicht doch noch, zwei oder drei Wochen zu warten, bevor der Mineralölhändler bestellt wird? Experten sind da eher skeptisch. Sie rechnen bis Dezember/Januar mit weiter steigenden Preisen, sagt Sabine Link, Geschäftsführerin des Heizölhandelsverbandes NRW mit Sitz in Essen.
Diese Erkenntnis setzt sich nach und nach auch bei den Verbrauchern durch. »Wir haben derzeit viel zu tun«, bestätigt Jochen Hempelmann, Geschäftsführer des Mineralölhandels Bielefeld-Rheda-Wiedenbrück und Sprecher von sechs weiteren Betrieben der Branche, die sich zusammengeschlossen haben. »Die Heizperiode rückt näher. Da sind viele Bürger geneigt, wenigstens Teilmengen zu kaufen.«
Tatsächlich lagerten in den Heizölkellern zu dieser Jahreszeit noch nie so wenig Heizölvorräte wie in diesem Jahr. Während die Tanks sonst im Schnitt zu mehr als zwei Dritteln gefüllt sind, zeigt der Pegel derzeit nach Angaben des Heizölhandelsverbandes NRW durchschnittlich 50 Prozent an.
Joachim Knollmann, Geschäftsführer des Mieterbundes Ostwestfalen-Lippe, denkt bereits mit Unbehagen an die Heizkostenabrechnung, die im kommenden Jahr auf die Mieter zukommen wird. »Wir rechnen mit einer etwa 20 Prozent höheren Abrechnung.« Für eine 100-Quadratmeter-Wohnung müsse der Mieter demnach 250 Euro mehr als bisher bezahlen.
Auch Bürger, die mit Erdgas heizen, sind nicht viel besser dran. Auch sie werden die Teuerungswelle zu spüren bekommen, denn der Preis für Erdgas ist bekanntlich an den für Heizöl gekoppelt. Die Erhöhung der Preise erfolgt jedoch zeitversetzt und dürfte nicht lange auf sich warten lassen.
Unterdessen rät die Verbraucherzentrale, Besitzer von Heizöltanks sollten sich in der Nachbarschaft zusammentun, um durch die Abnahme von größeren Mengen einen besseren Preis zu erzielen. Wer 10000 Liter anstelle von 2000 Litern abnimmt, spart pro 100 Liter drei bis fünf Euro. Zudem rät die Verbraucherzentrale, zum einen die Preise der Händler zu vergleichen und zum anderen bei der Bestellung genau zu vereinbaren, wie lange das genannte Preisangebot gilt.
Dass der Ölpreis in den vergangenen Monaten so stark gestiegen ist, hat nach Meinung von Sabine Link nichts mit einer möglichen Ölknappheit zu tun. »Es gibt Rohöl in Hülle und Fülle«, sagt sie. Das Problem sei vielmehr der Mangel an Raffineriekapazität. Vor allem in den USA gebe es zu wenig Raffinerien, in denen das Rohöl zu Heizöl, Diesel oder Benzin weiterverarbeitet wird. »Das treibt den Preis in den USA und damit auch in Europa nach oben.« Aber auch Spekulanten trügen an den immer neuen Rekordpreisen eine Mitschuld.
Der Bürger hat wenig Möglichkeiten, sich gegen steigende Energiekosten zu wehren. Eine verbesserte Wärmedämmung der Gebäude - insbesondere der älteren - gehört zweifellos dazu. Genau das fordert der Mieterbund OWL seit langem, in dem er für den Energiepass plädiert. Knollmann: »Man sollte auch überlegen, ob die Wohnung unbedingt 22 Grad warm sein soll. Vielleicht reichen ja 20 Grad.«

Artikel vom 31.08.2005