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»Müssen die PS richtig auf die Straße bringen«

Von Pierer kündigt umfassende Innovations-Initiative an

Berlin (dpa). Der Siemens-Manager Heinrich von Pierer will mit einer umfassenden Innovations-Initiative die deutsche Wirtschaft wieder unter den Marktführern im globalen Wettbewerb etablieren.

Mit diesem Anspruch hat der frühere Vorstandschef und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende des Elektronik-Konzerns gestern in Berlin die Aufgabe als Wirtschaftsberater von Unionskanzlerkandidatin Angela Merkel übernommen. Nach dem Plan der CDU-Vorsitzenden soll der 64-Jährige im Falle eines Wahlsiegs der Union einen aus zehn Personen bestehenden »Rat für Innovation und Wachstum« leiten. Von Pierer gehört nicht zu Merkels Kompetenzteam und will auch kein Ministeramt übernehmen.
Merkel sagte bei der Vorstellung des Spitzenmanagers, Innovation sei der Schlüssel für Wohlstand im 21. Jahrhundert. Deshalb sei sie froh, dass sich von Pierer für diese Aufgabe zur Verfügung stelle. Der Rat soll nach den bisherigen Planungen vier Mal jährlich tagen und einer möglichen Regierungschefin Merkel das Instrumentarium für in die Zukunft gerichtete Planungen erarbeiten. Dem Gremium sollen je zu einem Drittel Wissenschaftler, Vertreter des Mittelstands und der Großunternehmen angehören.
Von Pierer sagte, er sehe seine Aufgabe hauptsächlich in der Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft. Die großen Konkurrenten Deutschlands auf dem globalen Wirtschaftssektor kämen in Zukunft weniger aus Europa, sondern mehr aus China und Indien. Das Kostenniveau dieser Länder werde Deutschland nicht erreichen können. Deshalb seien Innovationen und deren schnelle Umsetzung in Produkte vor allem auf den Feldern der Bio- und Gentechnik wichtig. Dazu gehörten auch der Maschinenbau, die optische Industrie sowie die Automobiltechnik. Dort, wo Deutschland schon jetzt Spitze sei, müsse diese Position verteidigt und verbessert werden. »Wir müssen die PS richtig auf die Straße bringen«, sagte der Manager.
Merkel bekräftigte, dass die CDU-Politiker Annette Schavan und Peter Müller in ihrem Kompetenzteam für die Felder Innovation und Wirtschaft zuständig seien. Das allein reiche aber nicht aus, sondern bedürfe der Ergänzung. Nach dem früheren Verfassungsrichter Paul Kirchhof, der nach Merkels Willen in einer unionsgeführten Bundesregierung Finanzminister werden soll, ist das CSU-Mitglied von Pierer der zweite »Mann von außen« auf einem wichtigen Posten.
In der »Wirtschaftswoche« forderte der Merkel-Berater eine Bildungsoffensive und neue Rahmenbedingungen insbesondere für den Energiesektor, die Gentechnik und den Gesundheitssektor. Damit solle Innovation und Wachstum angekurbelt werden. Eine Rückkehr Deutschlands in die internationale Spitze könne nur mit mehr Wachstum gelingen, sagte er. »Um das zu erreichen, müssen alle Innovationsbremsen gelöst werden.« Zugleich sah der ehemalige Konzernchef auch im Gesundheitssektor erhebliche Innovations- und Wachstumschancen.
Von Pierer sprach sich auch für deutlich längere Laufzeiten der Atomkraftwerke aus. »Wir werden auch eine Neubewertung der Kernenergie vornehmen müssen.« Es reiche nicht aus, nur die Laufzeiten der Atomkraftwerke von 32 auf 40 Jahre zu verlängern. In anderen Ländern wie den USA würden gegenwärtig Pläne umgesetzt, die Lebensdauer auf 60 Jahre zu verlängern.Kommentar

Artikel vom 31.08.2005