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Der zu frühe Tod
eines PS-Talentes

Stefan Bellof starb vor 20 Jahren

Spa/Gießen (WB). Am 1. September 1985 hatte Stefan Bellof keine Chance. Beim Rennen in Spa-Francochamps flog er mit seinem Brun-Porsche von der Strecke und krachte in einen hinter den Leitplanken postierten Betonpfeiler. Auch der herbeisprintende Jochen Maas konnte dem jungen Gießener, er wurde nur 27, nicht mehr helfen.

Nach Erfolgen im Kart-Sport hatte der Karosseriebauer 1980 auch die deutsche 1600er Formel-Ford Meisterschaft gewonnen und debütierte in der deutschen Formel-3-Meisterschaft, wo »Stibbich« in drei Rennen siegte.
Mit Hilfe von BMW wurde er 1982 im Formel-2-Team von Willy Maurer untergebracht. Seine ersten Auftritte in Silverstone und Hockenheim gewann er, mit mehr Erfahrung und besserer Vorbereitung der Maurer-BMW hätte er wohl Europameister werden können. Die zweite Saison brachte keinen Sieg mehr. Aber immerhin hatte Bellof 1983 einen Platz im Gruppe-C-Werksteam von Porsche bekommen. Auch hier triumphierte er in seinem ersten Rennen und sicherte sich 1984 den Titel des Langstrecken-Champions.
Zu diesem Zeitpunkt hatte es sein Manager geschafft, ihn bei Tyrrell unterzubringen, obwohl BWM ihn lieber bei Arrows gesehen hätte. 1985 wechselte der Gießener in der Gruppe-C zum Porsche-Team von Walter Brun, wo die Teamkollegen (Thierry Boutsen, Gerhard Berger) mit Bellof nicht mithalten konnten.
In der Formel 1 gab es für Bellof in den hoffnungslos unterlegenden Tyrrells immer wieder Lichtblicke. Beim Großen Preis von Belgien 1984 wurde er Sechster vor Ayrton Senna, der bei Toleman seine erste Formel-1-Saison bestritt. Ein Rennen später startete er vom 21. Platz um am Ende als Fünfter abgewunken zu werden.
Anfang Juni kam es dann zum wohl bekanntesten F1-Rennen seiner kurzen Karriere, dem Grand Prix von Monaco 1984. Bellof startete vom letzten Platz. Am Renntag regnete es, die Chance für die Rookies, ihr dürftiges Material dank Fahrkunst auszugleichen.
Alain Prost führte das Rennen zehn Runden an, ehe sich Nigel Mansell erstmals bei einem Formel-1-Rennen in Führung brachte. Sechs Runden später rutschte der Brite in die Leitplanken. Prost übernahm erneut die Führung und hinter ihm auf Platz zwei tauchte Senna gefolgt von Niki Lauda auf.
Bellof überholte nacheinander Fabi, Laffite, Winkelhock und Rosberg. Als Lauda rausflog befand er sich hinter Arnoux auf Platz vier. Vor der Virage Mirabeau quetschte sich der Gießener mit seinem Tyrrell zwischen Leitplanke und Ferrari durch. Nach 32 von 77 vorgesehenen Runden wurde das Rennen abgebrochen. Bellof wurde hinter Senna Dritter.
Im Jahr 1985 fuhr Bellof noch neun weitere Formel-1-Rennen, bevor er am 1. September den höchsten Preis seiner Rennleidenschaft bezahlen musste. Am Rennsonntag war er im Gruppe-C-Porsche mal wieder der schnellste Mann im Feld. Leider hatte der Werks-Porsche von Jacky Ickx ein paar mehr PS als die Brun-Ausgabe, und Stefan fand keinen Weg vorbei. Für einen winzigen Augenblick riskierte er zu viel. In der Senke von Eau Rouge rechnete Bellof nicht mit der Sturheit seines Gegners, überschätzte aber auch sein Können. Deutschland verlor an diesem Wochenende nur wenige Tage nach Manfred Winkelhock sein bis dahin größtes Motorsport-Talent.

Artikel vom 31.08.2005