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Die junge Susan Kuhlen aus Senne bezauberte mit ihrem glockenreinen Sopran.

Eine gelungene Konzert-Premiere

Jesus-Christus-Kirche: Laien- und Profimusiker in perfektem Zusammenspiel

Von Jutta Albers
(Text und Fotos)
Sennestadt (WB). Das Orchesterkonzert am Sonntag in der Jesus Christus-Kirche war eine gelungene Premiere: Erstmals wurden die Laien des Kantoreiorchesters nicht, wie gewohnt, in jeder Stimmgruppe von Profimusikern unterstützt und lieferten trotzdem technisch und musikalisch überzeugende Interpretationen.

Kantorin Dorothea Schenk hatte für diese erste musikalische Veranstaltung nach der Sommerpause ein Programm mit bekannten barocken und klassischen Werken ausgewählt, mit dem die Orchestermusiker gefordert, aber nicht überfordert waren.
So wie mit einer spielfreudigen, noch dem Barock verpflichteten Sinfonie (ursprünglich Ouvertüren zu Bühnenwerken) des Engländers William Boyce, einem Zeitgenossen der Bach-Söhne, die das hochmotivierte Streicherensemble ganz duftig,sauber und durchsichtig musizierte. Oder die Salzburger Sinfonie Nr. 3 in F-Dur KV 148 von W.A. Mozart, die eigentlich ein Divertimento, eine Streicherserenade ist.
In Salzburg wurden diese unterhaltsamen Werke frühmorgens vor der fürstbischöflichen Sommerresidenz aufgeführt und abends auf dem heutigen Universitätsplatz vor Professoren und Studenten. Es ist ein temperamentvolles, wohl von einem Italienaufenthalt inspiriertes Werk. Das Kantoreiorchester gab eine beste Visitenkarte ab mit seinem engagierten Spiel, musikantischen Schwung, perfekten Zusammenspiel und prägnanten Einsätzen. Dorothea Schenk war sichtlich zufrieden mit dem Leistungsstandard ihres Instrumentalensembles, das auch als Begleitpartner von Solisten zuverlässig präsent war.
Eröffnet wurde das Konzert mit dem Klavierkonzert D-Dur BWV 1054 von J.S. Bach, einer Transposition des bekannten E-Dur Violinkonzerts BWV 1042, ein Zeugnis von Bachs Bearbeitungskunst. Die Solistin, die den klanglich prägnanteren Flügel dem Cembalo vorzog, war Dana Sturm, Professorin an der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler, Ehefrau des aus Sennestadt stammenden Tobias Sturm. Beide waren in einem Duokonzert im Sennestadthaus im Oktober 2004 zu erleben. Dana Sturm präsentierte sich als souveräne Solistin.
Ihr glasklarer Anschlag, die aufs Feinste mit dem Orchester abgestimmten dynamischen Abstufungen, ihre technische Souveränität und nicht zuletzt stilsichere Gestaltung machten diese Interpretation so glaubwürdig und überzeugend. Dana Sturm hatte zusätzlich im Programmverlauf einen Cembalo-und Orgelpart übernommen.
Für Überraschung sorgte die junge Sopranistin Susan Kuhlen. Seit acht Jahren wird die 22-Jährige in Senne beheimatete Absolventin der Hans-Ehrenberg-Schule von Gerda Wartenberg unterrichtet und bestand jetzt die Aufnahmeprüfung an der Kölner Musikhochschule.
Sie führt einen glockenreinen schwellfähigen Sopran bruchlos durch alle Register,bringt hervorragende Artikulation ein und zeigte eine bemerkenswerte Sicherheit, auch wenn sie fast auf sich allein gestellt war wie in der nur von Generalbass begleiteten Arie »Mein gläubiges Herze« aus der Bach-Kantate Nr. 68 »Also hat Gott die Welt geliebt« (eine Entlehnung aus der weltlichen Jagdkantate). Ihre innige Interpretation der bekannten Arie »Er weidet seine Herde« aus Händels »Messias« geriet zu einem der Höhepunkte des Konzerts, zumal auch das Kantoreiorchester mit klangsinnig schönen Piano begleitete.
Einen nachhaltigen Eindruck hinterließ sie auch mit Mozarts „Laudate Dominum“, dem unbekannteren aus der Vesperae de Dominica, wo das Streichorchester durch obligate Orgel ergänzt wird. Die konzertante Arie ist reich an melodischer Schönheit und Koloraturen, die Susan Kuhlen mühelos meisterte und viel Beifall erntete. Als Zugabe ließ Dorothea Schenk nochmals den 3. Satz aus Bachs Klavierkonzert wiederholen.

Artikel vom 30.08.2005