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Ion Ceausu hat einst Monumentale Malerei studiert. Foto: privat

Wo die Chrysanthemen
Feuerfunken sprühen

»Italienreise: Rumänische Kunst bei Samuelis Baumgarte

Von Matthias Meyer zur Heyde und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Aus der graphischen Komposition, hingeworfen mit kühnem Strich, tritt das gegenständliche Motive klar hervor: Die Galerie Samuelis Baumgarte zeigt 32 lichtdurchflutete Bilder des rumänischen Künstlers Ion Ceausu (65).

Mit diesem Maler dürfte Alexander Baumgarte einen guten Griff getan haben. Sinnlich, ohne vordergründiges Dekor, freundlich ohne platte Harmlosigkeit - so stellt sich der 1979 nach Deutschland ausgereiste Absolvent der Bukarester Kunstakademie vor. Dem viel zu lange in der Diktatur eingesperrten Freiheitsliebenden hat es vor allem die Sonne des Südens angetan, und so ist denn auch die Bezeichnung der Schau (bis 25. September) als »Italienreise« so treffend wie griffig.
Hier strebt der »Kirchturm von Castiglione« im 45-Grad-Winkel in den klaren Himmel, dort gewinnt die steinerne Silhouette von »Pitigliano« gleich einem Vorhang weiche Transparenz: Ceausu, dessen Bilder (meist Acryl oder Mischtechnik) stets in freier Natur entstehen, fängt den Zauber des Augenblicks mit sicherem Pinselstrich ein, ohne sich je im diffus Gefühligen zu verlieren, wie es der nordische Italienreisende - egal ob Teutonengriller oder Toscanafraktionär - so gerne tut.
Warme Farben, erdig, sandig, sparsam im Grün, ein wenig verschwenderischer dafür im Orange, verstärken die mediterranen Atmosphäre, in die der Betrachter unwillkürlich - aber gerne! - eintaucht. Ceausus »Chrysanthemen« (2003; 1600 Euro) sprühen Feuerfunken vor einem dunklen Rahmen, hinter dem sich der Raum doch wieder zur sonnengeglühten (Häuser-)Fassade weitet.
Das schönste Bild des Künstlers, der sich den Forderungen des Sozialistischen Realismus durch westliche, französisch inspirierte Motivik zu entziehen suchte, ist vielleicht das »Stilleben mit Maske« (2005; 3900 Euro), eine sinfonische Kurzgeschichte aus dem Süden. Daneben: das melancholische Porträt der Ehefrau (»Eva in Rot«, 2001; 1200 Euro). Kampf um Freiheit: ein Auto, von Bäumen verschattet - hinter dem sehnsuchtsvollen Titel »Et in Arcadia ego« (2004; 4000 Euro) verbirgt sich nicht nur die Flucht in die Überflussgesellschaft, sondern auch auch die Auseinandersetzung mit einem Autounfall vor zehn Jahren, der Ion Ceausu an Krücken fesselte.
Abstrahierte Engelstorsi, Expressives aus natürlichen Felsformationen, karger Vegetation und entrückter Architektur: Auf den Kunstfreund warten einige spannende Überraschungen. Die Dependance der Galerie Samuelis Baumgarte an der Obernstraße 28 ist dienstags bis freitags, 11 bis 18 Uhr, samstags 10 bis 14 Uhr und nach Absprache geöffnet.

Artikel vom 30.08.2005