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Finanzminister Hans Eichel hat kein Tafelsilber mehr.

Staat türmt
immer mehr
Schulden auf

Finanzforscher warnt

Berlin (dpa). Bei der Sanierung der Staatsfinanzen muss nach Einschätzung des Kölner Finanzwissenschaftlers Clemens Fuest bis spätestens 2020 die Kehrtwende geschafft sein.
Ansonsten drohe angesichts der Altersentwicklung eine »gigantische Staatsverschuldung«, sagte der von der Union mit einem Gutachten zur Haushaltslage beauftragte Wirtschaftsprofessor . Es seien radikale Einschnitte nötig.
Sollten Bund, Länder, Kommunen und Sozialkassen ihr Finanzgebaren nicht ändern und keine Konsolidierungsmaßnahmen ergreifen, würde der Schuldenstand bis 2020 von derzeit 67 Prozent der Wirtschaftsleistung auf 110 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen. Umgerechnet auf das heutige Preisniveau wären dies rund 3140 Milliarden Euro gegenüber derzeit 1460 Milliarden. Das ist mehr, als die Deutschen in einem Jahr erwirtschaften.
Fuest sieht aber noch Chancen für eine durchgreifende Wende. Konsolidierung müsse mittelfristig angelegt sein. Die Finanzlage werde sich in »ganz wenigen Jahren nochmals dramatisch verschärfen«. Dies habe die Öffentlichkeit bisher nicht zur Kenntnis genommen.
In diesem und im nächsten Jahr werde die Dramatik nur dadurch verdeckt, weil der Bund letztmals Erlöse aus Privatisierungen nutzt. »Nach 2006 aber ist das Tafelsilber wohl endgültig verkauft.« Dann bestehe zwischen Steuereinnahmen des Bundes von 190 Milliarden Euro und Ausgaben von bis zu 260 Milliarden Euro eine Lücke von jährlich 70 Milliarden Euro. »Es ist vollkommen ungeklärt, wie der Wegfall der Privatisierungserlöse kompensiert wird, um die Neuverschuldung in Grenzen zu halten.«
Vom Jahr 2020 an werden laut Fuest die Lasten der demographischen Entwicklung für die öffentlichen Haushalte besonders steigen. Dies erfordere bereits heute Ausgabenkürzungen beziehungsweise Einnahmesteigerungen. Nötig sei der Abbau von Steuervergünstigungen und Subventionen etwa für Kohle und erneuerbare Energien. Wenig wirksame Ausgaben für den Arbeitsmarkt sollten ebenfalls gekürzt werden.

Artikel vom 30.08.2005