30.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hurrikan treibt
Ölpreis hoch

Sorge um die Konjunktur wächst

New York/Hamburg (dpa). Der gewaltige Hurrikan »Katrina«, der gestern durch den Golf von Mexiko tobte, hat den Ölpreis zeitweise auf neue Rekordhöhen getrieben.

In der Spitze stieg US-Öl auf 70,80 Dollar je Barrel (159 Liter), gab im Tagesverlauf aber nach. Rohöl zur Auslieferung im Oktober lag am New Yorker Warenterminmarkt Nymex mit 68,80 Dollar um 2,67 Dollar höher als am Vorwochenschluss. Die Londoner Ölbörse, an der das Nordseeöl Brent gehandelt wird, war gestern wegen eines Feiertags geschlossen.
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) warnte angesichts des rasanten Anstiegs der Ölpreise vor Gefahren für die Konjunktur. »Ich sehe den stark gestiegenen Rohölpreis mit großer Sorge«, sagte Clement in Berlin. Die Entwicklung gefährde den Aufschwung der deutschen Wirtschaft, der gerade in Gang komme.
Der Chef des Nürnberger Marktforschers GfK, Klaus Wübbenhorst, nannte den Höhenflug der Ölpreise eine »ernste Gefahr« für die Konsumstimmung. »Eine Tankfüllung, die gegenüber dem Jahresbeginn um 40 Prozent teurer geworden ist, entzieht richtig Kaufkraft und drückt auf die Stimmung.« Trotz der Rekordpreise wollen die meisten Fluggesellschaften die Kerosin-Zuschläge vorerst nicht weiter erhöhen.
Angesichts der Rekordjagd der Ölpreise hat der Präsident der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), Scheich Ahmed Fahed al-Sabah, eine Erhöhung der Produktion des Kartells um 500000 Barrel auf 28,9 Millionen Barrel pro Tag angeregt. Er werde auf dem OPEC-Treffen im September einen entsprechenden Vorschlag machen.
Der Preis für US-Öl könnte bei schweren Schäden an den riesigen Öl- und Erdgasinstallationen im Golf von Mexiko und den angrenzenden Küstengebieten auf 75 bis 80 Dollar in die Höhe schnellen. Der Januar-Öl-Kontrakt notierte bereits mit 71,36 Dollar. Dies zeigt, dass die Ölmärkte auch für die kommenden Monate mit Rekordölpreisen rechnen. Der US-Ölpreis hat in diesem Jahr bereits um 60 Prozent zugelegt.
Wegen des Wirbelsturms sind zahlreiche Ölplattformen, Häfen, Raffinerien und petrochemische Werke geschlossen worden. Zehntausende Beschäftigte wurden evakuiert. Insgesamt wurden nach Expertenschätzung rund eine Million Barrel Raffineriekapazität temporär stillgelegt. Wie lange die Liefer- und Produktionsunterbrechungen dauern werden, hängt von den Schäden ab, die der Hurrikan an den Öl- und Erdgasinstallationen im Golf von Mexiko und den anliegenden Küstengebieten anrichten wird.
Der Golf von Mexiko erbringt mehr als ein Viertel der amerikanischen Öl- und Erdgasproduktion und ist damit das wichtigste US-Fördergebiet. Die in den Küstengebieten des Golfs liegenden Raffinerien repräsentierten fast 50 Prozent der US-Gesamtkapazität.
In Frankreich hat der hohe Ölpreis Überlegungen zur Senkung des Autobahn-Tempolimits auf 115 Stundenkilometer ausgelöst. Bei Tempo 115 statt der aktuellen Grenze von 130 Kilometer pro Stunde würde die Benzinpreissteigerung durch die Einsparung beim Verbrauch aufgefangen, sagte Verkehrsminister Dominique Perben der Zeitung »Le Figaro«.

Artikel vom 30.08.2005