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Visa-Untersuchung geht weiter

Union: Innenministerium soll Zuständigkeit für Einreisepolitik erhalten

Berlin (Reuters/dpa). Die Union will nach einem Wahlsieg weitere Details aus der Visa-Affäre mit Hilfe einer Regierungskommission ans Licht bringen und die Zuständigkeit für die Einreisepolitik beim Innenministerium ansiedeln.
»Es gibt für eine Regierungskommission nach der Wahl noch genügend zu tun«, sagte der Unions-Obmann im Visa-Untersuchungsausschuss, Eckart von Klaeden, nach der Abschluss-Sitzung des Gremiums gestern in Berlin. Zudem sprach er sich dafür aus, dem Innenministerium die Fachaufsicht über die Visa-Erteilung zu übertragen. Vertreter der rot-grünen Koalition und der FDP wiesen die Forderung zurück.
Der Ausschuss schloss seine Arbeit mit einem Sachstandsbericht ab, der die Mehrheit der rot-grünen Koalition fand. CDU/CSU und FDP legten in einem Minderheitsvotum ihre Sicht der Dinge dar. Der Bericht soll nun den Gremien des Bundestags zugeleitet und am 7. September in der letzten Plenarsitzung der Legislaturperiode debattiert werden.
Während die Opposition die Regierung durch die Arbeit des Ausschusses stark belastet sieht, hat der Ausschuss nach Ansicht von SPD und Grünen keine neuen Erkenntnisse gebracht.
Klaeden hielt der rot-grünen Regierung vor, sie habe aus politischer Verblendung heraus bewährte Strukturen in der Einreisepolitik geändert. Zudem sei durch die Befragung von 51 Zeugen klar geworden, dass mehrere Erlasse von Außenminister Joschka Fischer rechtswidrig gewesen und Schleuserkriminalität und Schwarzarbeit durch sie gefördert worden seien, sagte der CDU-Politiker. Obwohl Innenminister Otto Schily von der Rechtswidrigkeit der Erlasse gewusst habe, habe er nichts zur Beilegung der Missstände unternommen. Auch dem Bundeskanzleramt warf Klaeden Verdrängung vor.
Eine Regierungskommission müsse daher nach einem Wahlsieg der Union den Teil der Beweisaufnahme nachholen, der durch das vorzeitige Ende der Legislaturperiode nicht habe stattfinden können, sagte der CDU-Politiker. Zudem werde eine Unions-Regierung dafür sorgen, dass die Erlasslage zur Einreisepolitik vollkommen konform mit dem Schengen-Recht umgesetzt werde. Die Fachaufsicht für die Visa-Politik müsse beim Innenministerium liegen, da dies sachnäher als die Fachaufsicht des Auswärtigen Amts agieren könne.
SPD-Obmann Olaf Scholz sagte, der Vorschlag bringe keinen Fortschritt. Es handele sich um eine Idee, »die einem bürokratischen Vorstellungsverständnis entspricht«. Scholz sprach sich stattdessen für eine EU-weite Schengen-Datei aus. Auch FDP-Obmann Hellmut Königshaus betonte, mit einer Verlagerung von Kompetenzen seien die Probleme nicht gelöst. Notwendig sei aber eine stärkere Verzahnung der Arbeit der Außen- und Innenbehörden. Auch Schily hatte sich gegen eine Kompetenzverlagerung für die Visa-Angelegenheiten ausgesprochen.
In ihrer Abschlussbewertung weisen die Koalitionsfraktionen Vorwürfe der Opposition zurück, die Visa-Politik unter Rot-Grün habe zu einem Anstieg der Kriminalität und der Schwarzarbeit geführt. Zwar habe es Fehlentwicklungen gegeben, sagte Scholz. Die seien aber beseitigt worden. Zudem habe es schon unter der Vorgängerregierung seit Anfang der 90er Jahre ähnliche Probleme bei der Visa-Praxis gegeben. Scholz widersprach zudem der Darstellung von Union und FDP, Erlasse zur Visa-Vergabe seien rechtswidrig gewesen. Auch der Volmer-Erlass habe sich im Rahmen deutschen und europäischen Rechts bewegt.

Artikel vom 31.08.2005