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Eine »Falle des Elends«

17 Menschen sterben bei Feuer in Paris

Paris (dpa). Bei einem nächtlichen Flammeninferno in einem von afrikanischen Einwanderern bewohnten Haus sind im Pariser Südosten mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen. 14 davon waren Kinder.
Für 17 Menschen kam die Hilfe der Feuerwehren zu spät. Foto: Reuters

Wie die Feuerwehr mitteilte, wurden 30 Menschen durch den Brand am frühen Freitagmorgen verletzt. Die 130 Bewohner des als baufällig, verdreckt und überbelegt beschriebenen Gebäudes waren aus Westafrika, vor allem aus Mali und dem Senegal, nach Frankreich gekommen. Während unklar blieb, wie das Feuer entstanden ist, das zu den folgenschwersten der französischen Nachkriegszeit gehört, entfachte die Brandkatastrophe eine heftige Kontroverse. Denn erst am 15. April waren 24 sozial schwache Einwanderer in einem Feuer in einem Billighotel gestorben.
210 Feuerwehrleute konnten zwar die auf mehreren Stockwerken lodernden Flammen mit einem Großeinsatz löschen, allerdings viele Menschen nicht mehr aus dem siebenstöckigen Haus retten. Um Mitternacht war das Feuer ausgebrochen, und im Nu züngelten die Flammen auf vier Etagen. »Das hölzerne Treppenhaus war sofort abgebrannt«, sagte ein Feuerwehrmann. »Die meisten dort sind erstickt.« Das oberste Stockwerk war zugemauert.
Weinende Kinder, verzweifelte Erwachsene: Bewohner und Nachbarn des Unglückshauses mussten herzzerreißende Szenen der Panik durchstehen, Dutzende von afrikanischen Frauen und Kindern vom Roten Kreuz in einem Restaurant in der Nähe betreut werden.
»Seit 1991 warteten wir auf neue Wohnungen, wir waren sehr schlecht untergebracht und viel zu viele«, empört sich dann Oumar Cissé, der in dem Gebäude in der Hausmeisterei tätig war. »Es gab keine Feuerlöscher, zwölf bis 13 Menschen wohnten auf 50 Quadratmetern.« Er wird das Schreien der Kinder in Todesangst nie vergessen können: »Es war entsetzlich, sie zu hören. Wir haben Freunde und Verwandte in diesem überfüllten und dreckigen Haus verloren.« Von einer »Falle des Elends« spricht er.
Die Flammen waren vor dem Morgengrauen längst gelöscht, da entbrennt schon der Streit. Dass Präsident Jacques Chirac tiefste Betroffenheit ausdrückt und Innenminister Nicolas Sarkozy alle gefährlichen und überbelegten Häuser in Paris überprüfen lassen will, hilft nichts mehr. Und auch nicht, dass die karitative Emmaüs-Gesellschaft dementiert, in ihren Wohnungen in dem Haus der Afrikaner hätten viel zu viele gewohnt.

Artikel vom 27.08.2005