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Götz Alsmann hat
sein Publikum geküsst

Der »andere Mann am Klavier«: Vier Shows in OWL

Von Dietmar Kemper
Bielefeld/Höxter (WB). Der »Kuss« schmeckt. Das gleichnamige Album von Götz Alsmann ist seit zwei Monaten in der Hitparade, und die Fans strömen zu seinen Konzerten. Der jazz- und swingbegeisterte Westfale lockte am vergangenen Wochenende in Jena 3500 Zuhörer an. Am 11. September kommt der Mann mit der Tolle in die Stadthalle Höxter.

»Höxter ist eine Region, die von Kollegen nicht genug bereist wird«, glaubt Alsmann und will Aufbauhilfe in Sachen Kultur leisten. Der 48-jährige Vollblutmusiker verspricht zwei Stunden lang jazzartige Musik mit deutschen Texten und langen Ansprachen. Alsmann wird schon lange von der Muse geküsst. Seit seinem 14. Lebensjahr sitzt er hinter dem Piano; mit der Heupferd Jug Band fing es an. Alsmann ist Instrumentalist, Bandleader, Entertainer und Moderator in einem. Der Musikwissenschaftler mit Doktor-Titel spielt Klavier, Mandoline, Banjo und Steel-Gitarre und wagt sich an neue Stilrichtungen heran, nur nicht an die Rockmusik: »Da hämmern Langhaarige auf Instrumente ein.«
1985 gelang Alsmann mit der swingenden Jazz-Version des Depeche Mode-Stückes »People Are People« ein Szene-Hit, der es sogar bis in die New Yorker Disco Charts schaffte. Seitdem hat Alsmann für seine Alben reichlich Applaus bekommen und viele Preise gewonnen: den Jazz Award für »Gestatten, Götz Alsmann« (1999) und »Zuckersüß« (2000), den Echo für die beste Jazz-Produktion für »Tabu« (2003). Tolle, Brille, Krawatte und die Mode der 50er Jahre unterstreichen die musikalische Einzigartigkeit optisch.
Alsmann lebt in Münster, aber seine Heimat ist die Bühne. 120 Konzerte gibt er im Jahr. Seit 1992 begleitet ihn seine vierköpfige Band in nahezu unveränderter Besetzung. Lediglich Ludwig Götz (Posaune) schied im September 2004 aus und wurde durch Altfrid M. Sicking ersetzt. »Es ist schon eine verschworene Reisegruppe«, beschreibt Alsmann gegenüber dieser Zeitung das fast schon eheähnliche Verhältnis.
Bei den Konzerten hat der Bandleader keine regionalen Unterschiede festgestellt, wenn es um die Reaktionen des Publikums geht. Der Rheinländer sei nicht impulsiver als der Westfale, der Ostdeutsche gebärde sich nicht anders als der Westdeutsche. 1997 sang Alsmann erstmals nur auf deutsch; ihn ärgert es, dass Texte in der Muttersprache im Radio kaum zu hören sind. »Radiosender, die sich an die Zielgruppe zwischen 30 und 50 Jahren richten, spielen keine deutschsprachige Musik - das gibt es in keinem anderen Land«, wettert der Künstler. Deutschsprachige Musik friste ein Ghetto-Dasein, und weil Appelle offenbar nichts fruchteten, müsse notfalls per Gesetz eine Quote vorgeschrieben werden.
Apropos Quote: Die Einschaltquote bei »Zimmer frei« im WDR ist erstklassig. Auch wer sich nicht für Musik interessiert, lernte Alsmann durch diese Kultsendung kennen, in der prominente Gäste von Alsmann und Christine Westermann auf ihre WG-Tauglichkeit geprüft werden. 40 Drehtage muss Alsmann pro Jahr einplanen. »Nächstes Jahr feiern wir den zehnten Geburtstag«, erzählt er und ergänzt: »Die meisten Gäste, die ich eingeladen hätte, waren schon da.« Zu den Prominenten, denen Alsmann gern mal wieder die Hand drücken würde, gehört Paul Kuhn. »Ich verehre ihn und freue mich, dass es ihm nach der Herzoperation wieder gut geht«, sagt Alsmann. Wenn Paul Kuhn »der Mann am Klavier« genannt werde, möchte er »der andere Mann am Klavier« sein. Außer in Höxter (11. September) tritt Alsmann mit Band am 1. November in der Gütersloher Stadthalle und am 6. Dezember in der Paderborner Paderhalle auf. Das Konzert im Kurtheater Bad Meinberg (21. Oktober) ist ausverkauft. Karten für die anderen Shows gibt es unter anderem beim Kulturbüro OWL (Telefon: 05255/6040).

Artikel vom 27.08.2005