27.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Comeback« vor der Haustür

Stammplatz in Bremen bringt Owomoyela auch zu Klinsmann zurück

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bremen (WB). So geht das oft im Fußball: Der schwache Tag des einen ist die große Chance des anderen. In Bremen hat Patrick Owomoyela seinem Teamkameraden Ümit Davala fürs Erste den Rang abgelaufen. Besser hätte der Zeitpunkt für den Wechsel kaum sein können.

Dass sich »Owo« im internen Werder-Duell um den rechten Platz in der Viererkette einen deutlichen Vorteil verschaffte, dürfte ihm auch zum »Comeback« in der Nationalmannschaft verhelfen. Bundestrainer Jürgen Klinsmann nimmt ihn mit nach Bratislava, wo die DFB-Auswahl am nächsten Samstag gegen die Slowakei antritt und anschließend hofft der von Arminia Bielefeld verpflichtete Außenverteidiger auf sein erstes Heim-Länderspiel am 7. September in Bremen. Gegner vor der Haustür ist Südafrika.
Da gehen besonders bei den Arminia-Anhängern die Lichter an. Sie könnten nicht nur ein Wiedersehen der Bielefelder Stars der vergangenen Saison erleben, sondern auch deren direktes Aufeinandertreffen. Delron Buckley stürmt links, Owomoyela schirmt rechts ab, das macht ein enges Rasen-Verhältnis der ehemaligen Zimmergenossen im Weserstadion unvermeidlich. Wenn der zu Borussia Dortmund gewechselte Buckley sich einsatzbereit meldet. Im Augenblick setzt ihn ein Innenbandanriss noch außer Gefecht.
Owomoyela steht vor seinen Länderspielen sieben und acht, nachdem die Karriere bei Klinsmann während des Confed Cups jäh unterbrochen wurde. Der 25-Jährige schob ausschließlich Bankdienst - und daher eine Menge Frust. »Klar war ich nicht zufrieden«, sagt Owomoyela, »aber es gab auch Gründe dafür.« In Bielefeld hatte er sich Verletzungen an Knie und Sprunggelenk zugezogen. Wochenlang musste er pausieren. Als er endlich wieder spielen konnte, wollte es ihm nicht mehr so gut gelingen wie zuvor.
Da war er also - der Karriereknick, mit dem viele gerechnet hatten. Zu schnell hatte Owomoyela innerhalb kürzester Zeit die Sprossen der Laufbahn-Leiter nach oben genommen. Regionalliga, zweite Liga, Bundesliga, Nationalmannschaft, vom Abstiegskandidaten zum Topklub. Zwischendrin mal aufzuwachen aus dem süßen Traum musste dann wohl sein. Nach Bremen kam er mit Trainingsrückstand, den Owomoyela bis zum Saisonbeginn auch nicht aufholen konnte. Als die alten Bielefelder Kameraden zum Bundesliga-Auftakt antanzten, verbrachte der formschwache Ex-Armine 85 Minuten beim wartenden Bereitschaftspersonal.
Dorthin verbannte Trainer Thomas Schaaf den neuen Mann auch, als in Basel das Hinspiel zur Champions League-Qualifikation angepfiffen wurde. Werder kickte so schlecht, dass es nur für Owomoyela gut war. Seine Bewährungsprobe kam an diesem Abend in der Schweiz. Seither hat er Davala von der rechten Außenstelle zu den Reservisten verdrängt.
Jetzt kann der Traum vorerst weitergehen. Champions League. Barcelona. Ronaldinho. Owomoyela wähnt sich nach der kurzzeitigen Verbannung wieder im Fußball-Paradies: »Meine Freude ist riesig, für mich ist das alles noch fantastischer.« Nur noch zu toppen von der WM-Teilnahme. Die Unterstützung der Bremer wird ihm auch beim Länderspiel im eigenen Stadion gewiss sein. Die Anhänger schöpfen schon jetzt lautstark das volle »Patrick-Potenzial« als Publikums Liebling aus. Das liegt sicher an der verbesserten Leistung. Hinzu kommt aber auch, dass sich sein silbenreicher Nachname bestens dazu eignet, in seine Einzelteile zerlegt zu werden: »Owo-mo-ye-la«.
Der Mann kommt an, keine Frage. Wertschätzung genießt er auch als Mitglied einer Werder-Wohngruppe und Partner eines kleinen privaten Verkehrsbetriebes. Die Bremer Profis Owomoyela, Jurica Vranjes, Tim Borowski und bald auch Jelle van Damme leben unter einem Dach, jeder hat eine Wohnung. Üblicher Treffpunkt der vier Herren ist morgens um neun in der Garage. Abfahrt zum Training.

Artikel vom 27.08.2005