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»Lohnfortzahlung
einschränken«

Neuer Vorstoß des DIHK-Präsidenten

Berlin (dpa). Die Wirtschaft hat einen neuen Vorstoß zur Senkung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gestartet. Bundesregierung und Gewerkschaften reagierten mit scharfer Ablehnung.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, forderte, dass kranke Arbeitnehmer an den ersten beiden Krankheitstagen auf ihren Lohn verzichten sollten. Mit diesen zwei Karenztagen würden Unternehmen deutlich entlastet. Zugleich würde die Eigenverantwortung der Arbeitnehmer gestärkt.
Forderungen der Wirtschaft nach solchen Einschränkungen werden immer wieder laut. Erst kürzlich hatte sich Handwerkspräsident Otto Kentzler dafür ausgesprochen, die 100-prozentige Lohnfortzahlung bei Krankheit zu senken und Krankheitstage mit dem Urlaub zu verrechnen.
Braun sagte: »Ich bin dafür, dass Arbeitnehmer im Krankheitsfall in den ersten beiden Tagen keine Lohnfortzahlung erhalten.« Trotz des relativ niedrigen Krankenstandes koste die Lohnfortzahlung die Unternehmen pro Jahr fast 30 Milliarden Euro.
Das Bundesgesundheitsministerium wies die Forderung zurück. Der Krankenstand sei so niedrig wie nie, was die Unternehmen schon entlastet habe, sagte ein Sprecher. Zudem sei die Wirtschaft seit dem 1. Juli bei den Krankenkassenbeiträgen um 4,5 Milliarden Euro entlastet worden. Weitere Eingriffe in die Arbeitnehmerrechte würden abgelehnt.
Die IG Metall nannte es »dreist und perfide«, dass »jetzt auch kranke Menschen zur Entlastung der Unternehmer herangezogen werden sollen«. Braun habe offenbar jedes Gefühl für Anstand verloren, sagte IG-Metall-Chef Jürgen Peters.
SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner warf Braun vor, er wolle nichts anderes als eine Steigerung der Unternehmensgewinne auf Kosten von Kranken. Beim Arbeitgeberverband BDA war keine Stellungnahme zu erreichen.
Auch die Union werde an der Regelung zur Lohnfortzahlung nicht rütteln, erklärte Unions-Fraktionsvize Ronald Pofalla.

Artikel vom 27.08.2005