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Blutige »Versöhnung«: Ercümen C. mit seinen Verteidigern Detlev Stoffels (li.) und Ralf Lindraht. Foto: Koch

Tödliche Stiche
nach Sippenfehde

Busfahrer steht vor Schwurgericht


Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Ein Busfahrer aus Heiligenhaus (Kreis Mettmann) soll aus verletzter Familienehre einen Autohändler aus Bielefeld mit 32 Messerstichen getötet haben. Seit gestern muß sich der 36-jährige Angeklagte wegen Mordes vor dem Bielefelder Schwurgericht verantworten. Der Mann hat die Tötung zugegeben.
Der jahrelang schwelende Konflikt in der türkischstämmigen Familie nahm am 30. Dezember 2004 ein blutiges Ende: Ercümen C. aus Heiligenhaus faßte frühmorgens den Entschluß, nach Bielefeld zu fahren, um den Ehemann seiner Nichte zur Rede zu stellen. Auf einem Autoverkaufsverplatz am Brackweder Stadtring kam es mit dem 24-jährigen Hakan C. zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung. Dann soll der Busfahrer seinem Opfer 32 Messerstiche versetzt haben, und zwar in Tötungsabsicht, sagte Staatsanwalt Christoph Mackel gestern. Als Mordmotiv nannte der Ankläger »niedrige Beweggründe«.
Täter und Opfer hatten sich im Jahr 2001 über den Bruder des Angeklagten kennengelernt. Als der bei der Rhein-Bahn angestellte Busfahrer sein Haus renovierte, half ihm der 24-Jährige. Dabei lernte er die Nichte des Mannes kennen - Hakan C. verliebte sich in die 20 Jahre alte Frau. Entsprach das Verhältnis anfangs noch den Vorstellungen der Eltern der Frau, so gab es bald ernste Spannungen. Der 24-jährige Türke hielt sich illegal in Deutschland auf und hatte seine Einreise mit gefälschten Papieren erschlichen. Die Familie wandte sich von dem Freund der Tochter ab.
Der Busfahrer aus Heiligenhaus betonte zum Prozeßauftakt vor der 10. Großen Strafkammer des Landgerichts, es sei zu wechselseitigen Beleidigungen gekommen. Hakan C. habe mehrfach gedroht, ihn »alle zu machen«. Der Konflikt kulminierte schließlich, als gegen den Willen der Eltern die Hochzeit des jungen Paares bekannt wurde. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion war die junge Ehefrau zudem im August 2004 nach Bielefeld zu ihrem Angetrauten gezogen.
Ercümen C. gab als Grund für seine Fahrt nach Bielefeld am 30. Dezember 2004 an, er habe Hakan C. mit einer Silvesterfeier ein Versöhnungsangebot unterbreiten wollen. Nach dessen unvermittelter Ankündigung - »Ich werde dich umbringen« - sei der 24-Jährige mit einem Messer auf ihn eingestürmt. Er habe ihm die Waffe jedoch entwinden können, denn er habe früher Kampfsport trainiert. Danach könne er sich nur noch an einen Stich erinnern. Die Tat habe er dann erst nach seiner Festnahme am gleichen Tag realisiert.

Artikel vom 26.08.2005