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Rabenschwarzer Reiter-Tag

Europameister Deutschland lässt in Aachen die Stangen nur so purzeln

Aachen (dpa). Der deutsche Reitsport hat beim CHIO in Aachen einen weiteren schweren Dämpfer bekommen. Einen Tag nach der ersten Niederlage einer Dressur-Mannschaft erlebten die Springreiter ein Debakel und kamen im Preis der Nationen nur auf den vorletzten Platz.

Das hoch favorisierte Team des Europameisters erwischte einen rabenschwarzen Tag und ließ die Stangen im Parcours purzeln. Besser machten es beim zweitwichtigsten Mannschaftsspringen der Saison die USA, die mit 13 Strafpunkten vor Frankreich (21) und den Niederlanden (21) gewannen.
Mit versteinerten Gesichtszügen verfolgten die erfolgsverwöhnten deutschen Springreiter und rund 40 000 Zuschauer den Sieg der USA. Nachdem sie beim EM-Sieg noch in einer eigenen Liga zu reiten schienen, erlebten die CHIO-Gastgeber eine der größten Enttäuschungen der vergangenen Jahre und sammelten insgesamt 30 Strafpunkte. »Das war kein Pech«, kommentierte Doppel-Europameister Marco Kutscher (Riesenbeck) die erste große Enttäuschung seiner Karriere.
Beim ersten Starter schien noch alles nach Plan zu laufen, als Marcus Ehning (Borken) im Sattel von Gitania eine tadellose Runde zeigte und ohne Fehler blieb. Doch danach lief es überhaupt nicht mehr, und in Kutscher unterliefen ausgerechnet dem derzeit erfolgreichsten Reiter die meisten Fehler. Der neue Europameister erwischte einen äußerst schwachen Tag und sammelte mit seinem Toppferd Montender in den beiden Runden insgesamt fünf Abwürfe. »Das war nicht so toll«, sagte der Aufsteiger der Saison geknickt.
»Ich hätte mir mehr Zeit lassen sollen«, analysierte Kutscher die beiden Fehler der ersten Runde. Er hatte sich den Auftaktritt des Schweizers Markus Fuchs angeschaut, der einen Zeitfehler hatte. »Der ist sonst immer so schnell«, erklärte der 30-Jährige seine eigene Eile. Trotz dieser Erkenntnis kam es Runde zwei noch schlimmer. Selbstkritisch gab Kutscher zu: »Es kam beides zusammen: Montender ist nicht so brillant gesprungen wie sonst, und ich bin nicht so gut geritten.« Zwei Mal lieferte er das Streichergebnis.
Nicht ganz so dramatisch war das Ergebnis von Ehning, der im zweiten Umlauf noch zwei Abwürfe hatte, und von Meredith Michaels- Beerbaum (Thedinghausen) mit insgesamt acht Strafpunkten. Doch sowohl der Weltcup-Sieger von 2003 als auch die derzeit beste Reiterin der Welt mit Checkmate blieben deutlich unter ihren Möglichkeiten. »Ich weiß nicht, woran es lag«, sagte Michaels-Beerbaum: »Wir waren alle sehr motiviert.«
Nur äußerst mäßig war auch der Auftritt von Ludger Beerbaum. Der dominierende Reiter der vergangenen Jahre setzte sein Nachwuchspferd L'Espoir ein und sammelte fünf und neun Punkte in den beiden Umläufen. Bundestrainer Kurt Gravemeier hatte nicht das komplette Siegerteam der EM von San Patrignano eingesetzt, sondern Christian Ahlmann (Marl) durch Ludger Beerbaum ersetzt. »Das ist immer eine schwere Entscheidung, wir wollten seinem L'Espoir mit Blick auf die WM 2006 eine Chance geben.«
Die USA feierte derweil. »Um hier zu gewinnen, muss man nicht nur einen guten Tag, sondern eine großen Tag haben«, sagte Schlussreiterin Beezie Madden.

Artikel vom 27.08.2005